Hoffnung auf neues Leben
Aus Sicht der modernen Naturwissenschaft ist es unmöglich, dass Jesus Christus wirklich von den Toten auferstanden ist. Er ist gestorben am Kreuz. Sein Tod am Karfreitag wurde gewissermaßen amtlich überprüft, ein Soldat hat ihm eine Lanze in den Leib gerammt. Wie soll er da nach drei Tagen wieder auferstehen? Aber genau das berichtet die Bibel: Sein Grab war am Ostermorgen leer. Einen Tag später hat er sich seinen Jüngern gezeigt – lebendig. Wie gesagt: naturwissenschaftlich unmöglich. Aus dieser Sicht führt kein Weg zum Glauben an den auferstandenen Christus.
Zur Auferstehung führen andere Wege. Und wer sie geht, der will womöglich gar nicht mehr aufhören, an diese Auferstehung zu glauben. Denn in ihr steckt eine Kraft Gottes, die das Leben vollkommen verändern kann. Die Osterbotschaft sagt: „Gott will dein Leben, nicht deinen Tod.“
Aber die kann wohl nur schätzen, wer schon einmal in ein tiefes Loch gefallen ist, wer in einer ausweglosen Situation war. Da wieder heraus zu finden – wie durch ein Wunder –, das fühlt sich an wie Ostern, wie ein Stück Auferstehung, wie neu geboren. Auferstehung – das ist wie zartes Licht in dunkler Nacht.
Dieses Licht kann überall aufleuchten. In jeder Dunkelheit, die Menschen erleben und erleiden.
Eine solche Dunkelheit ist für manche ihr Beruf. Sie empfinden ihn eher als Sklaverei, denn als sinnvolle Arbeit. Doch sie trauen sich nicht, die Sicherheit ihrer ungeliebten Arbeitsstelle aufzugeben und einer ungewissen Zukunft entgegen zu gehen. Aber der Satz: „Gott will dein Leben, nicht deinen Tod.“ der kann Mut machen loszulassen und einem neuen Leben entgegen zu gehen.
Das kann sich anfühlen wie Auferstehung. Und wer sie gefühlt hat, der will sie nicht mehr missen. Auferstehung – das leere Grab von Jesus ist ein Zeichen Gottes, ein Signal zum Ausbruch: Verzweifle nicht im dunklen Loch. Finde deinen Weg ins Licht. Vertraue auf Gottes Wege!
Darüber hat der Ex-Beatle Paul McCartney hat ein Lied gesungen. Es handelt von einer Beziehung, die offenbar in ein dunkles Loch gefallen war und im Sterben lag. Paul McCartney hält dagegen. Er singt von der Hoffnung, dass die Beziehung aus ihrer Dunkelheit herausfindet und zu neuem Leben erwacht. Hope of Deliverance. Zu Deutsch: Hoffnung auf Erlösung.
„Wann wird es richtig sein? Ich weiß es nicht. Wie wird es sein? Ich weiß es nicht. Wir leben in der Hoffnung, erlöst zu werden von der Dunkelheit, die uns umgibt.“
Paul McCartney hofft in dem Lied auf Erlösung. Doch was soll da passieren? Offenbar geschieht sie einfach, die Erlösung kommt zu einem, sie wird geschenkt. Aber man muss sie ersehnen. Und ergreifen.
Und was bewirkt sie? Etwas Falsches wird in etwas Richtiges überführt. Etwas Dunkles wird hell.
Und wer bewirkt das? Das lässt Paul McCartney offen. Er gibt dieser Hoffnung auch keinen Namen. Ob er damit womöglich den Glauben an den auferstandenen Jesus Christus meint, das lässt das Lied im Dunkeln. Obwohl das gut passen würde. Auferstehung – das ist Gottes Zeichen dafür, dass er das Leben überführen will von Falsch zu richtig, von Dunkel zum Licht.
Das will Gott tun. Doch der Mensch muss es ersehnen und dann auch ergreifen. Daran erinnert das Osterfest.
In diesem Jahr steht es unter einem besonderen Ernst. Es wird geradezu umklammert vom Thema Atomkraft. Mit dem Beginn der Passionszeit sieben Wochen vor Ostern kam das große Zittern. Die Weltöffentlichkeit zittert mit den Menschen rund um das havarierte Atomkraftwerk von Fukushima in Japan. Jeden Tag muss man darauf gefasst sein, dass noch Schlimmeres passiert. Wie vor 25 Jahren. Morgen, Dienstag, ist der 25. Jahrestag des Atomreaktorunfalls von Tschernobyl. Erinnerungen kommen hoch, wie das damals war. In der Wohnung sollte man bleiben. Fenster zu. Milch durfte nicht mehr getrunken werden. Pilze nicht mehr gegessen – eigentlich bis heute. Tschernobyl, das ist heute ein menschenleerer Landstrich mit 500 Geisterdörfern. Von den damaligen Helfern – es waren über 800.000 – ist jeder vierte an den Strahlenfolgen gestorben. Von den Überlebenden sind heute 90 Prozent schwer krank. In der Umgebung ist die Zahl der Fehl- und Totgeburten stark gestiegen. Der Atomunfall hat Auswirkungen auf den Lebensraum von 600 Millionen Menschen in Europa. Bis heute. Das sagt die Gesellschaft für Strahlenschutz.
Was kann die Osterbotschaft zu diesem unfassbaren Elend sagen?
Selten habe ich so intensiv den Zusammenhang von Karfreitag und Ostern, gespürt wie in diesem Jahr. Elend und Tod sind direkt verknüpft mit Hoffnung und Auferstehung.
Zunächst lenkt der Karfreitag den Blick auf die Opfer. Gott leidet mit ihnen. Er teilt ihr Schicksal in seinem Sohn Jesus Christus, der ohnmächtig am Kreuz hängt und stirbt. Er stirbt mit all denen, die im Kampf gegen die tödliche Strahlung ihr Leben eingebüßt haben und noch einbüßen werden. Er holt sie ins Licht und gibt ihnen damit ein Stückchen Leben wieder. Dafür steht die Karfreitagsgeschichte, ohne die es nicht Ostern werden kann.
Gegen die große Trauer und gegen die vermeintlichen Sachzwänge des Energiebedarfs setzt das Osterfest seine Botschaft: „Gott will dein Leben, nicht deinen Tod.“ Er will das Leben verwandeln.
Die Nutzung der Atomkraft – ich weiß, dass dieses Thema kontrovers diskutiert wird. Für viele, auch für viele Christen, ist das eher eine politische Ermessensfrage. Für mich war es immer mehr. Es war und ist eine Anfrage an meinen Glauben. Und aus meinem Verständnis vom Christsein heraus habe ich es nie begreifen können: Unsere Generation war tatsächlich bereit, für ihren kurzfristigen Energiehunger den kommenden Generationen über Jahrhunderte hinweg verseuchten Müll zu hinterlassen! Das chemische Element Cäsium, das in Atomkraftwerken anfällt, hat eine Halbwertszeit von 30 Jahren. Plutonium – wie in Fukushima verwendet – hat sogar eine Halbwertszeit von 14.000 Jahren. 14.000 Jahre rückgerechnet – das ist so, als hätten die Steinzeitmenschen für einige Jahre – übergangsweise! – ihren Energiebedarf gedeckt. Und deren lebensgefährlichen Müll hätten die nachfolgenden 500 Generationen bis zu uns hüten müssen. Und noch 1000e weitere. Das sind Verantwortungszeiträume, die nahe an der Ewigkeit sind. Da fallen gewissermaßen schon im Normalbetrieb Ewigkeitskosten an. Wer kann sie tragen? Wie man ruhigen Gewissens das tun kann, ist mir zutiefst unverständlich. Es ist für mich falsches Leben, geistliche Umnachtung. Schuld. Da hilft eigentlich nur noch die Hoffnung auf Gott, der neues Leben stiften kann.
Ich bin mit Sichtkontakt zum AKW Biblis aufgewachsen. Mit dessen Befürworten habe ich viel diskutiert – auch mit Fachleuten. Sie haben ernsthaft geglaubt, dass Atomkraftwerke wirklich sicher sind. Am Anfang hieß es, dass ein ernster Störfall statistisch alle 10.000 Jahr vorkommen würde. Nun habe ich alleine in meiner Lebensspanne schon drei Größte anzunehmende Unfälle, also Kernschmelzen, erlebt – den GAU von Harrisburg 1979, den Super-GAU von Tschernobyl vor 25 Jahren und die Havarie von Fukushima vor sieben Wochen. In Japan haben sie gleich reihenweise die gefährlichste Technologie der Welt auf die gefährlichste Erdbeben-Kante der Welt gestellt. Sie haben einfach definiert: Hier wackelt die Erde nur bis Stärke 8 auf der Richterskala. Und dafür haben sie ihre Kraftwerke gebaut. 9 war nicht vorgesehen. 9 kam aber. Ein klarer Verstoß gegen das vielleicht allgemeingültigste Gesetz dieser Welt, Murphys Gesetz. Es lautet: „Alles, was schiefgehen kann, geht irgendwann auch schief.“ Nun sind viele aufgeschreckt.
Zu spät. Es ist passiert. Der Schaden ist da, der Müll auch. Ob wir wollen oder nicht: Wir gehören zur Risikogesellschaft des Energiehungers. Wir sind Teil der Schuldnergemeinschaft an der Zukunft. Eigentlich kann da nur ein ganz großes Wunder helfen, ein Ostern, eine Auferstehung. Gut, dass es dieses Zeichen gibt. „Gott will dein Leben, nicht deinen Tod.“ Mir macht das Mut zum Aufbruch. Eine andere Form der Energiegewinnung ist möglich. Gott hat seiner Schöpfung riesige Energiequellen mitgegeben. Es ist möglich, diejenigen zu nutzen, die nicht unkalkulierbare Risiken mit sich bringen und die nicht den Nachfahren auf Jahrtausende hinaus gefährlichen Müll hinterlassen. Gewissheit darüber gibt es nur, wenn man es wagt, diese anderen Energien zu denken, sie zu erforschen und umzusetzen. Auf diesen Weg weist die Hoffnung, dass ein anderes Leben möglich ist. Das Fest dieser Hoffnung heißt Ostern, das Fest der Auferstehung.