
Prüft alles und erzählt von der Hoffnung!
Guten Morgen und einen schönen Sonntag!
Nun ist also Weihnachten schon wieder einige Zeit vorbei und mit Sekt, Raketen und Böllern wurde das neue Jahr begrüßt. Konnten sie die „bösen Geister“ vertreiben – was ja seit alters her die lautstarke Aufgabe aller Silvesterbräuche ist?
Angesichts gleichzeitig sehr realer wie höchst irrationaler Zukunftsängste gab es viel Sekt und viele Raketen. Schon immer wuchsen die Knallerei und auch der Sektkonsum proportional zu den Sorgen der Menschen. Das wusste schon Wilhelm Busch, als er 1872 den berühmten Vers reimte: „Es ist ein Brauch von alters her, wer Sorgen hat, hat auch Likör!“
Wie vertreiben wir diese bösen Geister?
Und jetzt ist dieses ganze traditionsreiche Winterbrauchtum auch noch überlagert von einem hektischen Bundestagswahlkampf. Heute in sechs Wochen... Da stellt sich mir die Frage nach den „zu vertreibenden, bösen Geistern“ noch einmal verstärkt. Und damit meine ich nicht bestimmte Parteien, sondern verschiedene Trends, die mir demokratiefeindlich erscheinen oder Menschenrechte und soziale Errungenschaften gefährden.
Und ich weiß sofort: „Böse Geister“ dieser Art sind weder durch Knaller, Sekt und Raketen noch durch mental-verbales Feuerwerk zu vertreiben. Wie aber dann?
Politisch aktiv zu sein, ist ein ureigener Auftrag vom Christentum
Die „bösen Geister“ in der Politik. Ich mache mich stark, dass Christen und ihre Kirchen ganz bewusst ihre politische Verantwortung wahrnehmen und ausüben. Auch wenn mir klar ist, dass viele Menschen sich aus unterschiedlichen Gründen Religion eher unpolitisch wünschen. Politisch zu sein, ist aber - entgegen anderer Meinungen - ein ureigener Auftrag von Christentum und Kirche, zutiefst biblisch verwurzelt… - und war selten so dringend wie heute!
Musik 1
Deutschland und die Welt taumeln im Krisenmodus. Daran gibt es nichts schönzureden. Was aber ist eine angemessene Antwort auf diese komplexe Problemlage? Es gibt da mehrere Reaktionen, die ich überhaupt nicht gut finde. Für mich eine Art „böse Geister“.
Ist keine Nachrichten schauen, nicht wählen gehen eine Lösung?
Zum Beispiel: Politische Ignoranz, weggucken. Weil alles so kompliziert und furchtbar ist und weil keine einfachen Lösungen in Sicht sind, darum schaut man lieber weg. Ich kenne recht viele Leute, die keine Nachrichten mehr sehen, nicht Zeitung lesen und von all dem Chaos einfach nichts wissen wollen. Viele von denen werden gar nicht wählen gehen…
Destruktive Kritik nimmt zu, statt der Suche nach Lösungen
Was mich angesichts der Probleme auch traurig macht, ist Kritik, die sich hauptsächlich destruktiv äußert. Ich nehme da geradezu exzessives Schlechtreden wahr und eine regelrechte Lust an den Fehlern und am Scheitern der politisch Verantwortlichen. Nicht selten voller Wut oder sogar mit Hass. Einen Trend in diese Richtung sehe ich auch in vielen Medien. Da wird in erster Linie ausgebreitet, was alles schiefgeht, welcher Politiker und welche Partei schon wieder wie viel Zustimmung verloren hat. Verstehen Sie mich recht, ich will keine Beschönigung; und kritische Haltung finde ich gerade für die Medien grundsätzlich wichtig. Aber insgesamt wünsche ich mir auf allen Seiten, von Privatleuten über Medien bis Parteien die Darstellung und auch die Kritik der Zustände doch konstruktiver.
Menschen sehnen sich nach autoritärer Führung
Und schließlich besorgt mich ein Rechtsruck in Politik und Gesellschaft. Anzeichen, die ich dafür sehe? Menschen sehnen sich nach autoritärer Führung. Blind an eigenen Interessen orientiert, gibt’s den Ruf „Deutschland first!“. Probleme werden populistisch vereinfacht dargestellt und man scheut dabei nicht mal vor Lügen zurück… Wahlprogramme planen Rückschritte in der Sozial-, Wirtschafts- und Umweltpolitik. Um nur einiges zu nennen…
Ignorieren, destruktiv kritisieren, populistisch nach rechts rücken. Teilweise vermischen sich diese Haltungen dann noch miteinander. Und nein, ich finde es nicht übertrieben, hier von „bösen Geistern“ in der Politik zu sprechen.
Ich hoffe, damit habe ich jetzt die Neugier geweckt, wie Religion und Kirche uns da weiterhelfen könnten.
Musik 2
Jesus war höchst politisch und legte sich mit den Mächtigen an
Jesus war höchst politisch, wenn er sich für die Armen, die Rechtlosen und an den Rand Gedrängten starkgemacht hat. Das verpflichtet auch seine Kirche(n) heute zu politischem und sozialem Einsatz. Er scheute nicht davor zurück, sich mit den Mächtigen anzulegen. Die haben ihm schließlich als politischem Aufrührer den Prozess gemacht und ihn mit einem Unrechtsurteil getötet. In der Bergpredigt, einem Kerntext seiner Botschaft, setzt er sich intensiv für Gewaltlosigkeit, für Frieden und Gerechtigkeit ein. Das wird jedem Christen, der es ernst meint, unausweichlich zum Auftrag.
Ich möchte Ihnen darüber hinaus gerne zwei weitere Bibelstellen präsentieren, die für mich ganz besondere politische Impulskraft haben. Jedenfalls bewegen sie mich sehr.
Apostel Paulus schwört die Gemeinden auf christliches Verhalten ein
Der Apostel Paulus brachte das Christentum auf Missionsreisen in westliche Länder und hielt später brieflich Kontakt zu seinen Gemeinden. Am Ende seines ersten Briefes an die Thessalonicher schwört er seine Anhänger auf christliches Verhalten ein. Da steht neben einer Menge anderer Ratschläge ein recht lapidar wirkender Satz – sechs knappe Worte. Für mich allerdings ein Schlüssel für jede Art von Verantwortung und für das, was sich zu Recht „konservativ“ nennen darf. Damit also ein höchst politischer Satz. Und der kommt so unscheinbar daher: „Prüft alles und behaltet das Gute!“ (1. Thessalonicherbrief 5,21)
Fakten prüfen und sich eine eigene Meinung bilden
Prüft alles und behaltet das Gute! Darin liegt der Auftrag, sich unbedingt selbst eine Meinung zu bilden; sich bitte nicht zu schnell fremden Meinungsmachern anzuschließen. Auch mal die Fakten zu checken. Dann sollen wir vom persönlich und gründlich Geprüften das „Gute“ behalten. Das bedeutet für mich, abzuwägen und wirklich überzeugend begründen zu können, warum wir etwas für gut befinden. Wer sich in allen Dingen zu solch substanzieller Prüfung bereit zeigt, der wird, darauf vertraue ich fest, auch in politischen Fragen nicht bei populistischen oder menschenfeindlichen Parolen hängenbleiben. Das wird er niemals gutheißen.
Diesen Satz „Prüft alles und behaltet das Gute“ hat – übrigens mit ähnlichen Motiven wie meine hier vorgetragenen - die evangelische Kirche in Deutschland kürzlich zu ihrer Jahreslosung für 2025 gekürt.
Der Welt von unserer christlichen Hoffnung erzählen
Mein anderes Bibelmotiv mit hoher politischer Impulskraft steht im ersten Petrusbrief, ein kleiner Text ziemlich am Ende der Bibel. „Seid stets bereit, jedem Rede und Antwort zu stehen, der nach der Hoffnung fragt, die euch erfüllt!“ (1. Petrusbrief 3,15).
Hier wird eine existentielle christliche Grundhaltung beschrieben: von Hoffnung erfüllt zu sein und der Welt davon zu erzählen, und zwar gefragt oder ungefragt. Ich gebe zu, es ist in Zeiten wie den unseren nicht leicht, von Hoffnung erfüllt zu sein. Die „Galle“ scheint oft voller als das „Herz“, und darum läuft sie mit Verbitterung und Säuernis dann schneller über und vergiftet Atmosphäre und Klima, zwischenmenschlich und eben auch politisch.
Probleme, aber auch das Gute erkennen und für Lösungen nutzen
Dieses christliche Motiv der Hoffnungsorientierung kommt dem humanistischen Apell, „positiv zu denken“, recht nah. Für mich liegt darin die Herausforderung, aber auch die Einladung, die Krisen bewusst wahrzunehmen und gleichzeitig nach tragfähigen Lösungen zu suchen. Also mit realistischem Blick auf die Probleme trotzdem auch das Gute und Gelingende zu sehen und ihm Gewicht zu verleihen. Eben nicht als Beschönigung und Verdrängung des Negativen, sondern als Kraftquelle und Motivation, um Dinge positiv zu verändern. Im vollen Bewusstsein der Dramen trotzdem optimistisch bleiben…
Das ist anstrengend, kann aber den "bösen Geistern" die Stirn bieten
Das ist echt Arbeit und oft sicher anstrengender als Ignoranz und Dauerklage, als Wut und Destruktivität. Ich bin mir aber sicher, dass wir mit solcher Haltung den „bösen Geistern“ überhaupt und besonders in der Politik erfolgreich die Stirn bieten können.
Das ist mein Wunsch für heute, für das noch junge Jahr und ganz besonders für die Bundestagswahl: Prüft alles und erzählt von der Hoffnung!