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Der abenteuerliche Weg des Nikolaus
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Der abenteuerliche Weg des Nikolaus

Dr. Matthias Viertel
Ein Beitrag von Dr. Matthias Viertel, Evangelischer Pfarrer, Kassel
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Im Herbst war ich in Apulien im Süden Italiens und besuchte in der Stadt Bari die imposante Kirche, die sich in der Nähe des Hafens majestätisch erhebt. Sie ist der Person geweiht, die heute Morgen viele Kinderherzen höherschlagen lässt: Dem Nikolaus. Nicht nur bei Kindern ist Nikolaus beliebt, auch Erwachsene schätzen die Legende, die sich um sein Leben ranken. Schon deshalb war ich auf den Besuch dieses Ortes besonders gespannt.

Das Grab des Nikolaus in der Kirche San Nicola in Bari

Und tatsächlich birgt die Kirche San Nicola manches Geheimnis. Wer die Stufen hinab in die Krypta steigt, findet dort das Grab des Nikolaus, in dem sich die Gebeine des populären Bischofs befinden sollen, und zwar schon seit rund 1000 Jahren. Aber wie kam er hierher, wo er doch bekanntlich in der türkischen Stadt Myra lebte und auch starb?

Die geraubte Reliquie

Die Legende besagt, dass sich im 11. Jahrhundert eine Gruppe von Seeleuten auf den Weg nach Myra machten, um dort die Reliquien zu rauben. Sie brachten sie nach Bari, damit die Stadt endlich einen gewichtigen Schutzpatron bekommen sollte; und vielleicht auch, um damit Pilger anzulocken. Sogar die Namen der Seeleute sind bekannt und auf einer Tafel eingraviert. Das passiert selten, dass sich die an einem Diebstahl Beteiligten namentlich zu ihrer Tat bekennen. Das Ereignis scheint tatsächlich so stattgefunden zu haben.

Im Mittelalter glaubten die Menschen an die wundersame Wirkung von Reliquien

Im 11. Jahrhundert glaubten die Menschen an die wundersame Wirkung von Reliquien. Von diesen Überresten der als heilig verehrten Gestalten versprach man sich Linderung von allen Nöten. Schon der Besuch der Stätte konnte den Menschen Hoffnung schenken und die Angst vor Krankheit, Übergriffen und Tod mindern. Was mich am meisten wundert ist: Dass man solche wunderwirkende Kraft selbst solchen Reliquien zusprach, die geraubt worden waren.

Respekt vor der Frömmigkeit der Menschen

Als evangelischer Pfarrer betrachte ich diese Tradition mit einer gewissen Skepsis, und mache das mittelalterliche Weltbild für den Glauben an Reliquien verantwortlich. Auf der anderen Seite empfinde ich aber auch Respekt. Und zwar Respekt vor der Frömmigkeit der Menschen. Sie wollten Nikolaus, ein Vorbild ihres Glaubens, bei sich haben, um daraus Kraft zu ziehen.

Nikolaus genießt in der gabzen Christenheit hohes Ansehen

Aber genauso Respekt vor diesem Bischof Nikolaus. Ob er den Töchtern einer armen Familie half, um sie vor der Prostitution zu bewahren; ob er in der Hungersnot die kaiserlichen Vorräte an Hungernden verteilen ließ; ob er Männer vor dem Tod rettete, indem er dem Scharfrichter das Schwert entreißt – immer wieder ist der Glaube des Nikolaus besonders tatkräftig. Der Nikolaus ist eine der wenigen Gestalten, die in der ganzen Christenheit hohes Ansehen genießen und verehrt werden

Ein Vorbild eines mutig gelebten Glaubens

Sogar in der Confessio Augustana, einer evangelischen Bekenntnisschrift, wird das Gedenken der Heiligen empfohlen. Sie könnten den Glauben stärken, heißt es dort, und wörtlich: „außerdem soll man sich an ihren guten Werken ein Beispiel nehmen, ein jeder in seinem Beruf.“ Der Nikolaus eignet sich dafür ganz gut, jedenfalls, wenn ich ihn als Vorbild eines mutig gelebten Glaubens sehe.

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