hr4 ÜBRIGENS
hr4
Stehling, Daniel

Eine Sendung von

Katholischer Pastoralreferent und Religionslehrer, Fulda

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Gott ist tot

Ich bin mit meinem Sohn Linus auf dem Heimweg vom Spielplatz. Mit meinen Gedanken bin ich schon beim Abendessen und der darauffolgenden wohlverdienten Feierabenderholung. Da sagt Linus plötzlich zu mir: „Papa, Gott ist tot.“ Mit stockt der Atem. Ich suche nach Worten. Ich bin ratlos. Ich als Religionslehrer denke: Wie um Himmels Willen kommt mein fünfjähriger Sohn zu dieser religionskritischen These von Friedrich Nietzsche? Verwundert und erschrocken frage ich ihn: „Linus, wie kommst du denn darauf, dass Gott tot ist?“

Himmel zeigt Gottes Leben

Da sagt Linus mir freudestrahlend und voll überzeugt: „Ist doch ganz einfach Papa. du hast mir gesagt, dass Gott im Himmel ist, und du hast gesagt, wer stirbt, kommt in den Himmel. Also ist Gott tot. Er ist doch im Himmel.“ Mir bleibt die Spucke weg. Ich muss erst mal stehen bleiben und meine Gedanken sortieren. Dass Linus mein Sprechen vom Himmel so verstehen könnte, hätte ich nicht gedacht. Beim Weitergehen versuche ich Linus zu erklären, dass „Himmel“ nicht die Wolken und das blaue Himmelszelt, was wir über uns sehen, meint. Ich sage: „Himmel ist ein Bild, das für unendliche Weite und Unbegrenztheit steht. Wenn wir davon sprechen, dass Gott im Himmel ist, dann wollen wir damit ausdrücken, dass Gott überall ist. Dass er nicht begrenzt oder auf einen Ort festgelegt ist und dass er kein Ende hat. So zeigen wir, dass Gott nicht tot ist, sondern lebendig und allgegenwärtig.“

Himmel – Leben für uns alle

Linus hört mir aufmerksam zu und ich erkläre ihm weiter: „Bei den Menschen, die gestorben sind, glauben wir, dass sie jetzt bei Gott sind und mit Gott zusammen weiterleben dürfen. Sie sind hier auf der Erde gestorben, aber bei Gott sind sie lebendig. Das meinen wir, wenn wir sagen, die Verstorbenen sind im Himmel. Da sagt Linus freudestrahlend und erleichtert: „Da bin ich aber echt froh, dass Gott lebt, und ich freue mich, ihn zu treffen, wenn ich gestorben bin. Aber am meisten freue ich mich, dass ich dich Papa und auch Mama und alle dort im Himmel wiedertreffe.“ Und ich denke: Danke Linus! Besser hätte ich als Theologe die Hoffnung unseres christlichen Glaubens nicht zusammenfassen können.