hr4 ÜBRIGENS
hr4
Becker, Michael

Ein Sendung von

Evangelischer Pfarrer, Kassel

00:00
00:00

Die mit dem Gewissen

Ein Wort ging mir dann nicht mehr aus dem Kopf, sagte mir mal eine Achtzigjährige. Und meinte den 20. Juli 1944. Da war sie zehn Jahre alt.

Hitler bezeichnet die Attentäter als gewissenslos

Ein Wort hatte sie damals im Rundfunk gehört und seitdem nie mehr vergessen. Das Wort „gewissenlos“. So hatte Hitler die genannt, die ihn töten wollten und dann den Krieg beenden wollten. Sie seien gewissenlos, hatte Hitler gesagt. Dieses Wort habe ich dann nie mehr vergessen, sagte mir die alte Dame vor Jahren. Denn es war ja gelogen, habe ich bald gemerkt. Hitler hatte gelogen.

Die Attentäter hatten ein Gewissen

Das Gegenteil war der Fall. Die Attentäter vom 20. Juli hatten sehr wohl ein Gewissen. Das war es ja, was sie zu ihrer Tat trieb. Und wofür sie bitter bezahlen mussten - und ihre Familien auch.

Das habe ich aber erst viel später verstanden, sagte mir die alte Dame. Dass hier Frauen und Männer mit Gewissen gehandelt haben.

Man muss Gott mehr gehorchen als den Menschen

Die wohl gewusst haben (Apostelg. 5,29): Man muss Gott mehr gehorchen als den Menschen. Selbst wenn es nicht gelingt. Und man bitter dafür bezahlt. Sie haben es gewagt, sagte mir die Dame. Ganz viele haben geschwiegen. Meine Eltern, meine Großeltern. Was haben wir uns später für Vorwürfe gemacht.

Bewunderung für die Widerständler

Vielleicht hätten wir jemanden schützen können. Aber da war es zu spät für Widerstand. Nicht so bei den tapferen Menschen vom 20. Juli. Die mit dem Gewissen, sagte die alte Dame. Ich sage Ihnen ehrlich: Ich bewundere die Widerständler. Sie haben einen Platz in meinem Herzen.