Die Magie der Langeweile
Es ist noch nicht lange her, da habe ich einen schönen Ausdruck gelernt: „Die Magie der Langeweile“. Eine Nachbarin, Mutter eines fünfjährigen Jungen, hat mir davon erzählt. Kürzlich gab es nämlich bei ihr im Haus einen Stromausfall. Und der hat sich nicht so schnell beheben lassen. Ihr Fünfjähriger war verzweifelt. Er hatte sich auf das Spielen mit seiner elektronischen Spielkonsole gefreut. Und nun gab es gerade in seiner „Spiel-Zeit“ keinen Strom. Er hat getobt und geheult und protestiert.
Der Kleine ist wohl eingeschlafen
Aber irgendwann ist auch dieser kräftezehrende Ausbruch versandet. Er ist in Resignation übergegangen. Seine Mutter hat die Gunst der Stunde genutzt. Sie hat sich in die Abendsonne gesetzt und die Ruhe genossen. Endlich etwas leiser! Dann ist es aber ruhig geblieben, und es kam auch nach einer Stunde kein Quengeln und Schimpfen. Sie hat schon gedacht: Der Kleine ist wohl eingeschlafen. Deshalb ist sie ganz leise zu ihm gegangen. Und da hat sie gesehen: Er war ins Spiel vertieft. Lego und Stofftiere waren aufgebaut. Vor ihren Augen wuchs ein ganzes Lego-Dorf.
„So was hab ich schon lange nicht mehr bei ihm gesehen“, hat sie gesagt. So eine Hingabe ins Spiel. „Magie der Langeweile“ haben die beiden das dann genannt. Und sie wollen es wieder machen. „Ich hatte soviel tolle Ideen auf einmal“, hat der Sohn gesagt.
Es ist wichtig, mal ganz ruhig zu sein
Und seine Mutter hat mir erklärt: „Ich habe mir fest vorgenommen, Langeweile zu einem festen Bestandteil des Alltags zu machen“. Und sie selbst hat sich zu einem Schweige-Retreat im Kloster angemeldet. „Ich habe verstanden: Es ist wichtig, mal ganz ruhig zu sein und nichts zu tun.“ Die vielen neuen Ideen, von denen ihr Sohn gesprochen hat, die nennt sie „Inspiration“ oder auch Stimme Gottes. „Die höre ich nur, wenn es nichts zu tun gibt“, sagt sie.