Gedanken zum Buß- und Bettag
Heute ist Buß- und Bettag. So richtig weiß Thomas nicht, was er von diesem Tag halten soll. Vor dem Abendessen er hat noch ein wenig Zeit und die will er für einen Spaziergang nutzen. Es wird zwar schon früh dunkel und es ist kalt, aber Thomas rafft sich noch einmal auf. Den Kragen der warmen Jacke hochgeschlagen, die Hände tief in den Taschen vergraben, geht er los. Schritt für Schritt, den Blick nach vorne gerichtet. Vor ihm sein warmer Atem, unter ihm das schon welke Laub und in ihm die Frage seines Freundes: Wie geht es dir eigentlich? Du bist irgendwie anders als sonst!
Gerade jetzt, wo Thomas ausnahmsweise alleine unterwegs ist, gräbt sich die Frage des Freundes noch einmal tief ein, gleichsam wie die Schuhe bei jedem Tritt auf dem feuchten Waldboden. Immer wieder bleibt er stehen, schaut zurück auf das jetzt hinter ihm liegende weite Tal. In der Ruhe der Landschaft verschaffen sich wichtige Fragen Gehör. Wie geht es Dir eigentlich? Die Frage des Freundes hat ihn angesprochen. - Gleichsam mit jedem Zwinkern der Augenlider fällt der Blick auf eine andere Station seines Lebens. Er denkt an die enttäuschte Liebe zum Beispiel oder auf unbedacht daher gesagte Worte, die Andere verletzt haben. Wie konnte mir das passieren? Wo und wie hätte ich anders reagieren können und eigentlich auch müssen? Bei all den Fragen, die ihn umtreiben, ist das Schwerste dabei, auszuhalten, dass er, der sonst so groß raus kommt, "everybodies darling" ist und mitten im Leben steht, eben auch nicht vollkommen ist; da hatte er sich offensichtlich geirrt.
Nun sind die Wege des Lebens aber so gegangen, wie sie eben gegangen sind. Das Leben ist ja keine Generalprobe, wo man im Nachhinein noch etwas korrigieren könnte. Das Leben ist Uraufführung - so wie es jetzt gelebt wird, ist es gelebt! Auf dem Rückweg sieht Thomas seine Fußspuren auf dem feuchten Waldboden. Er ist dankbar für die Frage seines Freundes. Dass auch er Fehler mit weitreichenden Folgen macht, an diesen Gedanken muss er sich erst noch gewöhnen; aber er will sich auf den Gedanken einlassen. Und er will versuchen, mit den Fehlern der Anderen verständnisvoller umzugehen. Es ist gut, dass es Momente gibt, die einen zum Nachdenken anregen.