hr4 ÜBRIGENS
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Eine Sendung von

Pfarrerin, Evangelisches Gemeindenetz an der Nördlichen Bergstraße, Alsbach

Auch der Geist lässt sich trainieren

Auch der Geist lässt sich trainieren

Meine Freundin Rita trainiert seit kurzem ihren Geist. Klingt etwas ungewöhnlich, denn normalerweise trainiert man ja seine Muskeln oder vielleicht auch sein Gedächtnis. Ihren Geist zu trainieren, darauf kam Rita, weil sie viel zu viel gearbeitet hat. Irgendwann hat sie gespürt, dass sie eine Auszeit braucht. Sie ist für fünf Tage in ein Kloster gefahren. Sie ist nicht besonders fromm, aber die Ruhe und das Leben eines Klosters, das wollte sie schon immer mal kennenlernen.

Die geistliche Übung dort lautet: Ora et Labora, übersetzt: Bete und arbeite. Jeder, der in dem Kloster zu Gast ist, ist für seinen Aufenthalt Teil der Gemeinschaft und bekommt eine Aufgabe, eine Arbeit. Rita hat im Garten gearbeitet. Immer nach einer gewissen Zeit  klingelte eine Glocke und alle sollten zum Gebet kommen. Das war die Übung. Für Rita war das am Anfang gar nicht so leicht. Sie war doch gerade so in ihre Arbeit vertieft und wollte das noch fertig machen: diese Blumen pflanzen, nur noch dieses Beet fertig harken.

Auf einmal stand eine Nonne neben ihr. „Komm jetzt bitte. Das Gebet ist mindestens genauso wichtig wie deine Aufgabe hier im Garten.“ Rita ist es schwer gefallen, einfach so mittendrin ihre Arbeit zu unterbrechen. Darin besteht aber gerade die geistige Übung, das Training für die Seele.

Nach ein paar Tagen im Kloster gelang es ihr immer besser. Sie ging mit zum Gebet – und genoss vor allem erst mal die Ruhe, die Musik. Ich frage sie: „Hast Du da Gott gespürt?“ Vorsichtig sagt sie: „Das kann ich nicht genau sagen. Vor allem habe ich mich selbst gespürt in diesen Gebets-Pausen. Und das gibt mir irgendwie neue Kraft.“

Das geistliche Training Im Kloster hat Rita so gut getan, dass sie es von ihrem Aufenthalt dort mit in ihr Büro genommen hat. Da lässt sie im Innern jetzt ab und an eine Glocke läuten, die sie daran erinnert: Mach eine Pause. Das tut ihrem Geist gut, und manchmal denkt sie dabei auch an das Gebet aus dem Kloster: Danke, Gott, dass du mich durchatmen lässt.