hr4 ÜBRIGENS
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Mecke, Norbert

Eine Sendung von

Dekan, Melsungen

„Das ist doch der Gott, ne?!“

„Das ist doch der Gott, ne?!“

„Das ist doch der Gott, ne, Mama?!“ Die Kleine sagt diesen Satz laut und frei heraus mitten in den Gottesdienst hinein. Da stehe ich vorne, und sie zeigt auf mich: „Das ist doch der Gott, ne?!“ Nein, ist er nicht. Das ist nur einer von seinem Bodenpersonal – ein Pfarrer. Und die sind weit davon entfernt „Halbgötter in schwarz“ zu sein. Oder? Oder tut Kindermund Wahrheit kund?! Nicht etwa damit, dass Pfarrer oder Pfarrerinnen vergöttert sein wollen, sondern das wir eigentlich alle gegenseitig aufeinander zeigen könnten: „Das ist doch Gott, ne?!“

Wenn Sie und ich „Gottes Ebenbild“ sind, wie die Bibel das nennt, dann sind wir eben doch ein Bild von Gott selbst. Sicher kein Passbild. Aber wohl so etwas wie sein Fingerabdruck. Sehr individuell. Einmalig sogar. Ein Original folgt dem nächsten. Manchmal sogar sehr originell, was sich der Schöpfer da so gedacht hat. Aber genau das macht große Kunst doch aus! Und große Lebenskunst ist auch, wenn wir lernen, im anderen etwas von Gott zu sehen. Im Minimum, das hinter diesem Mensch Gottes Liebe steht – sei er, wie er ist. Hoffentlich lernen wir aber manchen sogar so kennen, dass wir noch mehr sehen: Begabungen, die wie ein Fingerabdruck des kreativen Gottes im Wesen eines Menschen sind.

Strahlende Augen, die Gottes Freude an seiner Welt abbilden. Ein weinendes Gesicht, das zeigt, wieviel Gefühl und Zartheit den Menschen ausmacht – und eben seinen Schöpfer, dessen Bild er ist.

„Das ist doch der Gott, ne?!“ Eigentlich ist das mit das schönste Kompliment, dass ich bekommen habe. Sicher, es beruhte auf einer kindlichen Verwechslung, die aufgeklärt sein wollte. Und doch beruhte es auch auf einer Wechselwirkung, die Gott selbst sich offenbar wünscht. Dass sich an Ihnen und mir etwas von seinem Wesen abbildet.

Vergöttern soll uns keiner. Wenn unser Lebensstil ab und an, mehr und mehr eine schöne Visitenkarte für Gott abgibt, vermenschlicht uns das. Und dann ist sicher beiden geholfen: Gott und uns.