hr4 ÜBRIGENS
hr4
Mecke, Norbert

Eine Sendung von

Dekan, Melsungen

Wenn der Aufzug nicht kommt

Wenn der Aufzug nicht kommt

Was tun die Deutschen, wenn der Aufzug nicht kommt? 5% warten geduldig, weitere 5% nehmen die Treppe. 90% drücken wild auf dem Knopf herum. Zu welchem Teil gehören Sie? Klar – es bleibt einem irgendwann nichts anderes übrig, als die Treppe zu nehmen, aber vorher ist der Knopf dran! Es lag bestimmt an dem zu zärtlichen Druck der jungen Dame neben mir oder an dem viel zu groben Draufgekloppe des Mannes mit dem Drei-Tage-Bart. Vielleicht bringt ja mein feinfühliger Daumen die Wende und Erlösung für die Wartenden! Drücken, drücken und nochmal drücken. Ob sich das Personal an den Überwachungsbildschirmen schon amüsiert und Wetten abschließt, wer wie reagiert, wenn der Fahrstuhl nicht gleich kommt? Wilder Drücker, schnellentschlossener Treppenläufer, geduldiger Zeitgenosse?

Das Leben ist ja manchmal auch wie ein Fahrstuhl. Mal geht’s richtig bergauf, mal bergab. Und manchmal scheint´s gar nicht so richtig in die Gänge zu kommen. Wenn´s nicht so klappt, wie wir´s gerne hätten, offenbart sich viel von unserem Wesen: die einen sitzen es aus nach dem Motto: „Wird schon noch!“ Die anderen haben gleich eine Alternative parat: „Wir können auch anders!“ und die Dritten zeigen trotzig: „Hauptsache am Drücker bleiben!“

Zum Aussitzen und schauen, ob was passiert, ist die Lebenszeit zu kostbar. Einfach Loslaufen und Das-Ganze-selbst-in-Hand-Nehmen? Das mag über ein paar Etagen des Lebens gut klappen, aber irgendwann geht die Puste aus – spätestens beim letzten Stockwerk. Die himmlisch schöne Aussichtsplattform erreicht man nicht einfach über gute Kondition. Und das wilde Drücken?! Vielleicht ist das gar nicht so falsch, wie es sich zunächst anhört. Gut, dass ein Fahrstuhl dadurch beeinflusst wird, wage ich zu bezweifeln. Aber, dass sich dadurch eine Türe auftut, durch die ich mit meinem Leben an ein gutes Ziel komme, steht in der Bedienungsanleitung, der Bibel: „Klopft an, so wird Euch aufgetan!“, hat Jesus versprochen. Vielleicht hätte er heute gesagt: „Bleibt am Drücker! Gott hat euch auf seinem Bildschirm, sieht, wie ernst ihr´s meint. Hört nicht auf, zu erwarten, dass er Euch öffnet und Euch Etage um Etage des Lebens begleitet.“

Na, da gehöre ich doch gerne zu den 90% und glaube, dass mein Drücken für mich die Wende und Erlösung bringt!