hr3 MOMENT MAL
hr3
Vogt, Dr. Fabian

Eine Sendung von

Evangelischer Pfarrer in der Öffentlichkeitsarbeit, Frankfurt

Palmsonntag

Die Männer auf dem Platz in der Jerusalemer Vorstadt trauen ihren Augen kaum. „Hey, was ist denn da los? Moment mal. So nicht. Lasst ihr gefälligst den Esel da stehen! Was fällt euch ein, das Tier einfach loszubinden?“ Doch die beiden Jünger Jesu, die gerade dabei sind, den Esel weg zu führen, entgegnen nur freundlich: „Der Herr braucht diesen Esel. Ihr bekommt ihn bald wieder!“

„Der Herr braucht den Esel.“ Was ist denn das für eine komische Formulierung? Nun, tatsächlich galt vor 2000 Jahren in Israel so etwas wie ein orientalisches Königsrecht. Das heißt: Ein Herrscher durfte alles konfiszieren, was er brauchte. Und er musste es nicht einmal zurückgeben.

Mich würde brennend interessieren, was den Herumstehenden damals durch den Kopf ging. Zum Beispiel: Ob sie Jesus überhaupt als einen Herrn ansahen? Oder ob sie wohl an die alte Verheißung dachten. Die große Verheißung, dass der so lang erwartete Messias, der himmlische Friedensbringer, der von Gott gesandte Retter, eines Tages mit einem Esel in die Stadt Jerusalem reiten wird? Und eben nicht mit einem tollen Pferdegespann oder mit einem schicken Wagen.

Tatsache ist: Die Männer lassen es zu, dass da zwei Fremde einfach so ihren kostbaren Esel mitnehmen. Und vermutlich standen sie wenig später auch in der großen Menschenmenge am Straßenrand. Sie haben Jesus als Zeichen der Achtung Palmwedel auf den Weg streute. Woher der heutige Palmsonntag seinen Namen hat.

„Der Herr braucht den Esel.“ Ich frage mich, ob ich mich darauf eingelassen hätte. Wenn jemand von mir was braucht und fordert. Aber ich noch nicht weiß, was dabei herauskommt. Energie, mein offenes Ohr, Geld oder Kraft. Was hätten Sie denn getan, wenn es Ihr Esel gewesen wäre? Spannende Frage ...