Nathan der Weise
Heute vor 230 Jahren wurde in Berlin ein Theaterstück uraufgeführt, das als Inbegriff humanitärer Dichtung gilt. Der Dichter Gotthold Ephraim Lessing wollte mit seinem aufklärerischen Drama die Menschen ermutigen, endlich eine tolerante Gesellschaft aufzubauen. Das wunderbare Schauspiel heißt „Nathan, der Weise“ und sein Herzstück ist bis heute die berühmte „Ringparabel“.
Wie war das noch gleich? Als der Sultan Saladin den Juden Nathan fragt, welche Religion denn nun die Beste sei, erzählt Nathan einfach eine Geschichte: „Ein reicher Mann im Osten besaß einen Ring, der die geheimnisvolle Wirkung hatte, ,dass er vor Gott und den Menschen angenehm machte, wer ihn mit Zuversicht trug‘. Als der Mann nun starb, vererbte er jedem seiner drei Söhne einen identisch aussehenden Ring, so dass keiner der Söhne wusste, wer den echten Ring besaß. Denn, so belehrte jemand die Söhne, die natürlich bald anfingen sich zu streiten: Lebt so, als wäre euer Ring der Richtige. Und dann wird man ja merken, welcher Ring wirkt.“
Eine tolle Geschichte. Übertragen auf die Religion sagt sie nichts anderes als: Streitet nicht immer darüber, wer die Wahrheit hat, sondern zeigt, dass euer Glaube die Welt tatsächlich heiler macht. Dass er in der Gesellschaft die Ideale von Liebe, Freiheit und Gerechtigkeit fördert. Denn erst dann, wenn ich sehe, dass eine Religion tatsächlich die Welt verbessert, ist sie ernst zu nehmen. Eine tolle Idee. Und ich fürchte, nicht alles, was heute als Religion verkauft wird, würde diesen Test überstehen.