Kriegsende
In den zehn Geboten der Bibel steht ein Satz, der so richtig garstig klingt: „Gott wird die Missetaten der Väter heimsuchen bis ins dritte und vierte Glied.“ Schräg, oder? Also, wenn die Väter – oder sagen wir mal etwas zeitgemäßer: die Eltern – etwas falsch machen, dann müssen darunter noch die nächsten drei bis vier Generationen leiden: „Gott wird die Missetaten heimsuchen bis ins dritte oder vierte Glied.“ Das ist so ein Satz, der bei vielen das Bild eines strafenden Gottes auslöst. Leider. Denn ich glaube, dass die Autoren damit sagen wollten, was sie selbst erfahren haben: Fehler einer Generation wirken oft noch mehrere Generationen nach.
Da kann man nur sagen: Stimmt. Drei Beispiele: Letzten Sonntag wurden Hunderte von Menschen evakuiert, weil im Frankfurter Stadtteil Bockenheim eine Fliegerbombe aus dem 2. Weltkrieg entschärft werden musste. Oder: Der beliebte verstorbene Schauspieler Horst Tappert, der den Derrick gespielt hat, bekommt eventuell in Bayern seinen Ehrenkommissar aberkannt. Falls sich bestätigt, dass er wirklich bei der Waffen-SS war. Und schließlich beginnt diese Woche der Prozess gegen den „Nationalsozialistischen Untergrund“ NSU. Es gibt also immer noch Anhänger des der menschenverachtenden Ideen und der Taten der Nazis.
Die Missetaten einer Generation spürt man also noch viele Generationen später. Das ist keine Drohung, sondern eine Erfahrung. Wenn wir morgen an das Kriegsende vor achtundsechzig Jahren denken dann hilft vielleicht, dass man diesen Satz auch umdrehen kann: Die Liebe einer Generation spürt man noch vier Generationen später.