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Vogt, Dr. Fabian

Eine Sendung von

Evangelischer Pfarrer in der Öffentlichkeitsarbeit, Frankfurt

Jazz oder nie

Jazz oder nie

Am 15. Januar 1920 kam in Deutschland eine Schallplatte auf den Markt, die die Hörgewohnheiten vieler Musikfreunde radikal auf den Kopf stellte. Es war der „Tiger Rag“, gespielt von der „Original Excentric  Band“ in Berlin.

Die Aufnahme dieser Dixieland-Nummer gilt heute als erste deutsche Jazz-Schallplatte überhaupt. Allerdings sagte man damals in Deutschland noch „Jatz“. Und ihre Veröffentlichung war deshalb so spektakulär, weil die neue Musik am Anfang umstritten war. Jatz, das war „Negermusik“, „Katzenmusik“ oder sogar „Bums-Musik“. Zügelloses Zeug schwarzer, nicht privilegierter Straßenmusiker, grell, dekadent, wild und synkopisch.

Doch in den wilden zwanziger Jahren waren die jungen Leute mehr als willig, sich von den neuen Rhythmen begeistern zu lassen. Und plötzlich spaltete der Jazz ganze Familien und ganze Gesellschaftsschichten. Was den einen ein Gräuel war, regte die anderen an, sich frei und lustvoll zu bewegen.

Naja, seien wir ehrlich: Daran hat sich ja bis heute nichts geändert. Immer wieder ist es die Musik, die Älteren deutlich macht, dass sie die Jüngeren nicht mehr verstehen. Nebenbei: Schon vor 3000 Jahren scheint das schon ein Thema gewesen zu sein. Zumindest verkünden die Psalmen mutig: „Singt dem Herrn ein neues Lied.“ Nun: Der „Tiger Rag“ war 1920 ein neues Lied. Ich bin gespannt, was musikalisch in diesem noch jungen Jahr 2013 auf uns zukommt.