Die erschöpfte Gesellschaft
Früher, da war man stolz, wenn man etwas geschafft hatte. Ja, wenn ein Produkt fertig war, ein Projekt abgeschlossen wurde oder ein Prozess erfolgreich zu Ende ging. Und heute? Tja heute ist man stolz, wenn man sagen kann: „Boah, ich bin ja so fertig. Ich mache soviel. Ich komme gar nicht mehr zur Ruhe.“
Stimmt das? Nun, zumindest behauptet das der Psychotherapeut Stephan Grünewald in seinem frisch erschienenen Buch „Die erschöpfte Gesellschaft“. Grünewald hat Tausende Deutsche zu ihrem aktuellen Lebensgefühl befragt und kommt zu dem Schluss. „Stolz sind wir heute auf den Grad der Erschöpfung, den wir uns im Laufe des Arbeitstages ,erkämpft‘ haben.“
Wirklich? Ja! Ob ein Tag befriedigend war, messen wir immer öfter daran, wie ausgelaugt und gestresst wir am Abend sind. Das ist doch absurd, oder? Denn eine Gesellschaft, die ihr „Kaputtsein“ zum Zeichen von Erfolg macht, ist wirklich kaputt. Vor allem, weil sich Erschöpfung ja immer weiter steigern lässt. „Hey, ich bin noch viel angespannter und müder als du.“
Da kommt der Sonntag ins Spiel, den Christen als Ruhetag wichtig finden. Also, dass wir mindestens einen Tag in der Woche brauchen, an dem wir nicht arbeiten. Weil wir an so einem freien Tag erkennen: Dass wir erschöpft sind, ist einer der dämlichsten Gradmesser für Erfolg. Wenn wir es denn überhaupt noch schaffen, am Sonntag nichts zu tun. Also ich müsste da auch eben noch mal meine Mails checken, nur ganz kurz ... dieser Stress aber auch ...