Wer ist schon heilig?
Für mich fühlt sich der November immer an wie der Monat der Heiligen. Ich gebe zu, das ist ein recht katholisches Gefühl. Der November beginnt ja direkt mit dem katholischen Fest Allerheiligen; und dann wird später im Monat noch an so bedeutsame Menschen erinnert wie den heiligen Martin oder die heilige Elisabeth von Thüringen oder ganz am Ende an den Apostel Andreas.
Im Fall von Sankt Martin wird der Gedenktag ja sogar richtig groß gefeiert, vor allem von den Kindern, mit Laternenumzügen und Martinsfeuer.
Zuerst denke ich an die „offiziellen Heiligen“
Jedes Jahr erwische ich mich selbst dabei, wie ich beim Fest Allerheiligen zuerst an die „offiziellen Heiligen“ denke, also die, die im Laufe der Jahrhunderte mal heiliggesprochen wurden und ihren Platz im Heiligenkalender haben.
Aber eigentlich geht’s beim Fest Allerheiligen nicht in erster Linie um diese festgelegten Heiligen, sondern um uns alle.
„Wie? Ich bin doch nicht heilig“, möchte ich ausrufen – aber was meint das denn: „heilig“?
Die frühen Christen verstanden sich als „Gemeinschaft der Heiligen“
Im Glaubensbekenntnis beten die Christen und Christinnen ja auch: Ich glaube an die Gemeinschaft der Heiligen, und dann geht es weiter: an die Vergebung der Sünden und das ewige Leben. Amen.
Als Gemeinschaft der Heiligen haben sich nämlich die frühen christlichen Gemeinden verstanden, als Menschen, die zusammen in der Nachfolge Jesu unterwegs waren. Und so schreibt zum Beispiel der Apostel Paulus an die von ihm gegründete Gemeinde in Korinth:
„An die Kirche Gottes in Korinth, die Geheiligten in Jesus Christus, berufen als Heilige mit allen, die den Namen Jesu überall anrufen, bei ihnen und bei uns.“
Heilig sein heißt, durchlässig für Gottes Licht
Paulus schreibt da an eine Gemeinde, in der es gerade viel Ärger und Streit gibt, an Menschen, die also gar nicht so „heilig“ im Sinn von „perfekt“ sind. Ich denke, er möchte sie dran erinnern, dass sie doch zur Gemeinschaft der Heiligen dazugehören.
Es gibt eine schöne Definition von „heilig“, die mich überzeugt: Heilig sein, heißt: durchlässig sein für Gottes Licht. Mir fallen da schöne bunte Fenster ein, wie sie manchmal in Kirchen zu finden sind. Mit Heiligen drauf oder auch ganz abstrakt. Sie tauchen die Kirche bei Sonne in buntes Licht.
Gottes Licht in meiner eigenen Tönung weitergeben
Mir gefällt dieser Gedanke: Wir Menschen können so wie bunte Glasfenster das Licht Gottes brechen und weitergeben. Und zwar in der je eigenen Tönung und Farbigkeit. Und die kann sich auch mal ändern.
In dieser Hinsicht bin ich gerne heilig, aber halt nicht allein. Und ich finde meinen Platz zwischen den strahlenden hellen Typen und den eher verhaltenen, durch deren dunklere Scheiben aber eben auch Gottes Licht schimmert. Eine bunte Gemeinschaft der Heiligen eben.