Wasserfest in Ehringen
Ehringen ist ein schmuckes Fachwerkdorf an der Erpe. Ganz in der Nähe bin ich aufgewachsen. Vom Wasserfest in Ehringen hatte ich aber noch nie gehört. Umso schöner, dass ich in diesem Jahr eingeladen war.
Ich mag diese traditionellen Volksfeste sehr. Solche Feste stärken die Gemeinschaft und die Identität. Und ein Wasserfest passt doch wunderbar in unsere Zeit, dachte ich, in der immer spürbarer wird, wie kostbar das Wasser ist und wie begrenzt die Ressource.
Erinnerung an die große Flut von 1852
Es passt wirklich, aber ganz anders als ich es erwartet hatte. Das Wasserfest erinnert an die Gewitternacht, in der die kleine Erpe zu einer reißenden Flut anschwoll. Jedes Jahr wird im Gottesdienst deshalb aus der Dorf -Chronik von 1852 vorgelesen, unter anderem dieser Abschnitt:
"Der Leineweber Johann Georg Krug, Haus Nr. 68, hatte mit seiner Frau noch das Vieh gerettet. Beim Zurückkommen in sein Haus kann er nicht mehr zur Stube kommen, in welcher 5 Kinder sind. Kaum, dass er sich noch in den 2.Stock flüchten kann. Nun hört er unter sich das Weinen seiner lieben Kinder; mit einer Stange fängt er an, ein Loch in die Decke zu brechen. Doch es ist still unter ihm. Sie sind tot, sagt er zu seiner Frau. Dann meint er wieder, etwas zu hören. Er arbeitet fort und es gelingt ihm, durch das Loch in die Stube zu sehen und sieht seine Kinder in ihren Betten und das Kleinste in der Wiege in der Stube herumschwimmen und rettet sie alle, das Kleinste zuerst."
Eine große Hilfsbereitschaft begann
Wenige Häuser blieben verschont, hunderte von Tieren starben. Die Ehringer haben viel verloren, und doch Grund, sich dankbar an das Ereignis zu erinnern. Viele Menschen wurden gerettet, nicht nur die Kinder von Leineweber Krug. Es gab eine große, selbstverständliche Hilfebereitschaft. Aus dem Nachbardorf Breuna kamen sie mit Brot und Kleidung. Spendenaufrufe in der Region brachten viel Geld ein.
Hilfe für das Ahrtal
Von alle dem erzählt auch ein Gedicht mit 37 Strophen, das jedes Jahr aufgesagt wird. „Du aber, Herr, halt deine Hand in Gnaden übers Heimatland. Lass reifen uns in Freud und Leid für eine selge Ewigkeit.“ Die Erinnerung hat die Ehringer geprägt. Ihre Feuerwehr war bei den ersten, die im Ahrtal Hilfe leisteten. Weil sie sich vorstellen können, was eine Flut anrichtet. Sie wissen, wie nötig es ist, solchen Katastrophen vorzubeugen. Und wie sehr wir auf Nächstenliebe angewiesen sind, die die Last der Nachbarn mitträgt.
Im Gottesdienst gab es viele Scheine in der Kollekte für die Katastrophenhilfe, dann gabs Bier und Bratwurst vor der Kirche – und ein Konzert, ein Dankeschön aus dem Ahrtal.