Was fehlt, wenn die Christen fehlen?
Was fehlt, wenn die Christen fehlen? Dieser Buchtitel fiel mir ein, als ich die aktuellen Austrittszahlen aus den Kirchen gelesen habe. Spätestens 2030 werden mehr als die Hälfte der Menschen in Deutschland keiner Kirche mehr angehören.
Oft nur der letzte Anstoß, aus der Kirche auszutreten
Gründe dafür gibt es genug, das weiß ich als Katholikin. Die große Zahl der Fälle sexualisierter Gewalt war oft nur der letzte große Anstoß, aus der katholischen Kirche auszutreten. Selbst wenn sich in einigen Bistümern in Sachen Aufarbeitung und Prävention wirklich viel tut, auch in meinem Bistum Limburg.
Was bringen Christ:innen in die Gesellschaft ein?
Aber fehlt denn wirklich was, wenn die Christ:innen fehlen? Bei aller berechtigten Kritik: Ich glaube, ja. Es fehlt wirklich etwas, nicht nur in den Kirchen, auch in unserer Gesellschaft. Der Bochumer Pastoraltheologe Matthias Sellmann hat Antworten versucht. Mal nicht im Blick auf die Kirchen, sondern wegen unserer Gesellschaft. Die verliert auch etwas, wenn die Christen fehlen, meint er. Sellmann spricht von einer Form von Lebensklugheit. Die bringen Christinnen und Christen in die Gesellschaft ein und tun damit etwas für ihren Zusammenhalt.
Drei Punkte, die Christen ausmachen
Das zeigt sich für Sellmann in drei Punkten:
- Christen rennen eher nicht weg, wenn etwas quer kommt.
- Christen gehen eher aus sich heraus, um sich für andere einzusetzen, statt um sich selber zu kreisen.
- Und als Drittes nennt Sellmann: Christen verlassen sich eher nicht darauf, alles allein schaffen zu müssen. Im besten Fall fühlen sie sich von Gottes Geist im Guten unterstützt.
Ihr Glaube gibt ihnen Kraft, sich für andere einzusetzen
Klar, das gilt natürlich nicht für alle und jeden Christen. Aber ich kenne ein paar, an denen ich das sehe: ein Ehepaar aus unserer Pfarrei. Die begleiten ihren behinderten Sohn mit seiner schweren Epilepsie seit über 20 Jahren liebevoll. Und sie geben nicht auf. Und dann die Frau, die ihrem alkoholkranken Partner über all die Jahre beigestanden hat. Oder der junge Mann, der in der Partnergemeinde in Kamerun sein Freiwilliges Soziales Jahr gemacht hat. Ihr Glaube gibt ihnen die Kraft, sich auch für andere einzusetzen, nicht wegzurennen vor dem Schweren, weiter zu hoffen. Wenn sie nicht da wären? Ich finde, es würde wirklich etwas fehlen, wenn sie fehlten, die Christen.