hr2 ZUSPRUCH
hr2
Wöllenstein, Helmut

Ein Sendung von

Evangelischer Pfarrer, Marburg

00:00
00:00

„Nit in’n Knätsch rinn“!

„Nit in’n Knätsch rinn“! sagen unsere Kinder zu ihren Kindern beim Spazierengehen. Besonders dann, wenn es an Pfützen vorbeigeht.

Knätsch ist nordhessisch und meint Schlamm, Dreck, knatschige Erde. – Sie haben es selbst als kleine Kinder von ihrem Opa gehört und nie mehr vergessen. Der war sonst zurückhaltend mit erzieherischen Sätzen. Doch dieser Satz kam, wenn es nötig war, wie von selbst: „Nit in’n Knätsch rin“!

Für Kinder ist es ein riesiges Vergnügen in Pfützen zu springen

Es ist ja auch kein Vergnügen für die Großen, nachher die kleinen Schuhe wieder sauberzumachen, die Strümpfe, die Hosen. Aber für Kinder ist es ein großes Vergnügen: Einfach reintreten in den Schlamm. Wie strahlen die Gesichter der Zwei- oder Drei-Jährigen, wenn sie nach Herzenslust in eine Pfütze treten, so dass es nach allen Seiten spritzt: Glück pur!

Gott hat den Menschen aus Ton geformt

Vielleicht war es auch für Gott solch ein Vergnügen, uns Menschen zu machen. Aus feuchter Erde sind wir geformt, wie die Bibel bildhaft erzählt. Gott nahm Ton in seine Hand, um die Körper der ersten Menschen zu formen. Kreativ, spielerisch, sehr gekonnt und dann auch wieder zufällig sind wir geknetet, aus Knätsch, aus Erde. (1. Mose 2) Und wir werden eines Tages auch wieder zur Erde werden. Also lassen wir den Kindern doch bitte das Vergnügen, mit Erde zu spielen und sich dabei auch mal richtig schmutzig zu machen.

Aufpassen, wohin wir gesellschaftlich und politisch gehen

Nit in den Knätsch rin- verstehe ich als Erwachsener aber auch symbolisch. Wir alle zusammen müssen zurzeit gut aufpassen, wohin wir gehen. Gesellschaftlich und politisch. Bei den vielen Wegen die sich gerade anbieten. 

Knätsch und Dreck verbinden sich politisch für mich mit Richtungen, die Schmutz aufwühlen, andere damit beschmeißen und gegen sie hetzen. Im Knätsch zu gehen, scheint vielen einfach, weil er weich ist und man sich nicht an die Füße stößt. Doch man kann auch in der weichen Masse versinken und kommt dann nur schwer wieder raus.

Gott hat uns eine Seele gegeben, um achtsam sein zu können

Um da achtsam sein zu können, hat Gott, als er die Menschen aus Erde formte, uns den „Odem des Lebens“ in die Nase geblasen. Das meint nicht nur die Luft, die wir zum Atmen und Leben brauchen. Mit dem Odem des Lebens ist uns eine Seele gegeben.

Diese geistige Kraft macht uns fähig, zu denken, zu sprechen, zu singen, dazu dass wir gute Ideen haben, etwas bauen, schreiben und mit anderen in guten Beziehungen stehen.

Gottes Odem hilft mir zu unterscheiden: In welche Pfütze kann ich treten -und wo kann ich diesen Satz wirklich gut brauchen: „Nit in’n Knätsch rinn!“