Gregor der Große
Nur zwei Päpste tragen den Beinamen „der Große“. Einer ist der Heilige Gregor, dessen Gedenktag heute ist. Nachdem ich seine Lebensgeschichte gelesen habe, denke ich: Er trägt den Beinamen zurecht.
Das Leben des Heiligen Gregors
Er wurde um das Jahr 540 als Sohn einer alten römischen Familie geboren und ist zunächst seinem Vater in den Staatsdienst gefolgt. Schon bald aber hat er ein Kloster in seinem Elternhaus gegründet und als Mönch gelebt.
Er wurde 590 zum Papst gewählt. Kurz zuvor hatte eine Überschwemmung Rom verwüstet und viele Römer waren an der Pest gestorben. Er übernahm Verantwortung und organisierte die Versorgung der Bevölkerung. Gregor war der Meinung: „Der Sinn einer Predigt erreicht Hungernde nur, wenn sie zuvor konkrete Hilfe erfahren haben“.
Neue revolutionäre Gedanken
Gregor ging in vielen Bereichen einen eigenen Weg: Er hielt gewaltsame Bekehrungen für falsch und setzte sich für den Schutz der jüdischen Bevölkerung ein. Denn seiner Überzeugung nach waren nicht die Juden am Kreuzestod Jesu schuld, sondern alle Menschen. Das war damals eine revolutionäre Auffassung und ein anspruchsvoller Maßstab für seine Nachfolger. Am Ende seiner Amtszeit hat er nicht nur viele bedeutende Schriften hinterlassen, sondern auch die Kirche aus der Antike ins Mittelalter geführt.
Der Diener Gottes
Ich finde es beeindruckend, wie viel Gregor der Große damals im 6. Jahrhundert an grundsätzlichen Entwicklungen angestoßen hat. Sicher hatte er als Sohn einer reichen Familie eine gute Ausbildung, aber offenbar war er auch bescheiden. Er nannte sich selbst "Diener der Diener Gottes" ("Servus servorum Dei") – bis heute tragen alle Päpste diesen Titel.
Er hatte dabei die Worte Jesu im Kopf, wie sie in der Bibel überliefert sind: „Die Könige herrschen über ihre Völker, und die Mächtigen lassen sich Wohltäter nennen. Bei euch aber soll es nicht so sein, sondern der Größte unter euch soll werden wie der Kleinste, und der Führende soll werden wie der Dienende.“ (Lukas 22,25-26)
Auch heute noch ein Vorbild
Ich finde, Gregor der Große ist auch heute ein gutes Vorbild für Diplomaten, Krisenmanager und alle, die Verantwortung tragen. Er hat gezeigt, wie man mit Pragmatismus, Geduld und ohne Überheblichkeit eine Krise meistert.
Und etwas anderes war ihm als Ordensmann wichtig: Das Gleichgewicht von Besinnung und Handlung. Auch das ist bis heute wichtig. Aktionismus, ohne vorher zu überlegen, ist meist genauso schädlich wie endloses Abwägen – sogenannte „overthinking“ – dann geschieht nämlich nie etwas.
Ein Zitat von ihm möchte ich nicht nur Verantwortungsträger und Verantwortungsträgerinnen ans Herz legen: „Nimm das Wohlwollen hinweg und du entfernst die Sonne aus der Welt, du machst den Verkehr unter den Menschen unmöglich.“ Ein bisschen mehr Wohlwollen täte mir und anderen in der einen oder anderen Debatte, in der Politik und im privaten Umfeld sicher gut und würde das Leben sonniger machen.