hr2 ZUSPRUCH
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Groß, Uwe

Ein Sendung von

Katholischer Diakon, Pfarrei St. Peter und Paul, Wiesbaden

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Das Wunder der deutschen Einheit

Tag der deutschen Einheit 1990. Da kann ich mich noch gut dran erinnern. Wir waren am Vorabend mit Freunden ausgegangen. Es wurde mal wieder spät, wie so oft in meiner Studentenzeit. Und nachts um 0 Uhr erklangen alle Glocken und läuteten die deutsche Wiedervereinigung ein. Meine Freunde und ich sangen: „Einigkeit und Recht und Freiheit“.

Die Menschen tanzten auf Bussen

Ein Moment, bei dem mir noch heute Gänsehaut kommt und der für mich unvergesslich ist. Ich erinnere mich an die ersten Trabis, die im Herbst 1989 zu uns rüberkamen und wie ich Blätter unter deren Scheibenwischer klemmte auf denen stand: Seid willkommen! Ich denke daran, wie im Sommer 1990 – im Jahr der Einheit – Deutschland Fußballweltmeister wurde und wir nach dem Ende des Spiels mit einer selbstgemalten Deutschlandfahne durch Mainz liefen und ganz Mainz Kopf stand. Die Menschen tanzten auf Bussen. Es war eine Euphorie natürlich über den Gewinn der Weltmeisterschaft, aber auch über die neue deutsche Einheit.

Fast 35 Jahre später ist die Euphorie abgeebbt

Diese Bilder haben sich in mir eingebrannt und ich kann sie noch heute abrufen und nachfühlen. Viele Menschen waren wie ich begeistert über das Glück, das unser Land erfahren hat. Heute fast 35 Jahre später ist dieser Euphorie so nicht mehr da. Kann sie auch nicht, denn der Alltag holt uns alle ein. Und Momente wie 1989/90 erlebt man vielleicht nur einmal in seinem Leben.

Aus dem Geist des Friedens und nicht der Gewalt

Es gab viele, die die friedliche Revolution und die deutsche Einheit ermöglicht haben: die Friedengruppen in der DDR, die mutigen Menschen auf den Montagsdemonstrationen, die Bürgerkomitees, Helmut Kohl – Kanzler der Einheit, Michail Gorbatchow - der den Eisernen Vorhang geöffnet hat, die Amerikaner, die uns Deutsche unterstützt haben. Für mich steckt aber auch Gott hinter dieser Entwicklung. Dass Menschen sich in Kirchen getroffen und gebetet haben, mit brennenden Kerzen - friedlich gegen Panzer demonstriert haben, das zeigt, aus welchem Geist diese Menschen Freiheit wollten. Aus dem Geist des Friedens und nicht der Gewalt. Dass auf der anderen Seite Verantwortliche sich entschieden haben, die Demonstranten nicht einfach niederzuknüppeln, sondern wehrlos wurden, zeigt für mich, dass Gott in diesen Machthabern friedlich und besänftigend gewirkt hat.

Ich bin dankbar für das Wunder der deutschen Einheit

Für mich bleibt die deutsche Einheit ein Wunder. Und dafür bin ich nach wie vor dankbar. Heute werden Menschen in Saarbrücken dieses Wunder feiern, vielleicht nichts so ausgelassen wie 1990, aber schön wird es trotzdem.