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Dörken-Kucharz, Dr. Thomas

Eine Sendung von

Evangelischer Pfarrer, Frankfurt

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Das Christentum, die Esels-Religion

Das Christentum ist eine Esels-Religion. So spotteten jedenfalls die alten Römer über die ersten Christen. Dass sie Esel mit Christen in Verbindung brachten, lag vermutlich lag an Jesus von Nazareth selbst, der einen Esel geritten hatte. Meistens ging er ja zu Fuß, aber wenn er geritten ist, war es auf einem Esel. Das sagt ziemlich viel über Jesus aus. Galt doch das stolze Pferd als Kriegsross und der schlichte Esel in der Bibel als Reittier eines Königs, der Frieden bringt (Sacharja 9,9).

Der Esel gewinnt keinen Schönheitswettbewerb

So sehr Jesus den Esel schätzte, seine Zeitgenossen taten es nicht. Bei den alten Griechen galt der Esel als dummes und faules Tier. Klar, neben einem edlen Pferd macht er einen eher kümmerlichen Eindruck. Und die langen Ohren! Mag sein, dass der Esel keinen Schönheitswettbewerb gewinnt. Aber er ist nicht dumm, sondern hochintelligent und mit einem sehr eigenen Kopf. Die Redensart vom „störrischen Esel“ basiert auf diesem eigenen Kopf. Esel sind so intelligent, dass sie beschäftigt sein wollen, sonst langweilen sie sich und kommen auf „dumme“ Gedanken. Sie stellen also gern manche Eselei an. Aber das ist gerade kein Ausdruck ihrer Dummheit, sondern im Gegenteil, von ihrer Intelligenz.

Das älteste Haustier des Menschen

Der Esel ist seit 6000 Jahren mit das älteste Haustier des Menschen. Esel halten viel aus. Sie zeigen Schmerzen deutlich später an als Pferde, sind trittsicherer und viel vorsichtiger. Da Esel anders als Pferde schwindelfrei sind, waren und sind sie in unwirtlichem Gelände bevorzugtes Reit- und Lasttier. Anders als bei Pferden gibt es in einer Eselinnenherde keine Leitstute. Jede Eselin entscheidet selbst. Männliche Esel sowieso, denn sie leben erst gar nicht in einer Herde.

Jeder Christ ein dummer Esel?

Jesus wählte den Esel. Die Römer aber verspotteten das Christentum als Eselsreligion. Die älteste Darstellung des gekreuzigten Jesus stammt aus dem zweiten Jahrhundert nach Christus. Es ist ein in Stein geritztes Spottbild, das Jesus am Kreuz mit einem Eselskopf zeigt.

Die Römer konnten in der Verehrung eines Gekreuzigten nur eine Rieseneselei sehen. Jede Christin und jeder Christ waren deshalb selbst dumme Esel.

friedliebend und freundlich, geduldig und genügsam

Wenn man jedoch weiß, wie Esel wirklich sind, ist es eher ein Kompliment als eine Beleidigung. Christen als Esel zu bezeichnen, heißt, sie sind friedliebend und freundlich, geduldig und intelligent, genügsam und ausdauernd, trittsicher und kreativ. Und sie tragen gern die Lasten anderer. Jede dieser Eigenschaften sind nützlich, um gut mit anderen auszukommen und das Leben anzupacken.

Ich weiß, da ist auch bei vielen Christen noch Luft nach oben. Deshalb lohnt es sich, sich das Reittier Jesu zum Vorbild zu nehmen: den Esel.