BoulderCHURCH – bouldern und beten

Um mich herum sind Kletterwände. Vier Meter hohe Wände mit bunten Griffen, die mich einladen loszuklettern. Auf dem Boden liegen weiche Matten. Hier stehe ich, in Sportkleidung und mit Kletterschuhen an den Füßen, bereit die Wände zu erklimmen.

Etwas passt nicht ins Bild. Es ist das Gebäude, in dem ich bin. Es ist eine Kirche. Vor ein paar Monaten hat die Michaelskirche in Bad Orb ihre Türen neu geöffnet. Jetzt wird hier nicht nur gebetet, sondern auch geklettert. Oder genau gesagt: gebouldert. Bouldern ist klettern ohne Seil und Gurt. Deshalb sind die Wände auch nur maximal vier Meter hoch und deshalb liegen weiche Matten auf dem Boden.

BoulderCHURCH heißt die Kirche jetzt. Der Name verrät, was hier passiert: vorne wird gebouldert, hinten gebetet. Der große Kirchenraum ist zur Boulderhalle geworden. Im hinteren Bereich ist eine Kapelle. Hier gibt es Andachten, Lieder und Gottesdienste, vor allem für Jugendliche.

Wo zwei Welten aufeinandertreffen

Es scheint, als träfen hier zwei Welten aufeinander. So fühlt es sich zumindest für mich an. Während ich durch die Boulderhalle gehe, komme ich an einem ehemaligen Beichtstuhl vorbei. Hier wird nicht mehr gebeichtet. Er wird jetzt als Umkleide genutzt. Die Sitzbänke in der Ecke sind die ehemaligen Kirchenbänke. Und die kirchlichen Wandmalereien kann ich auch erkennen. Ich bin eindeutig in einer Kirche und genauso eindeutig in einer Boulderhalle. Wie kann das zusammenpassen? Ich merke, wie mich diese beiden scheinbaren Gegensätze irritieren. Ein Kirchengebäude ist für mich ein Ort zum Beten und Gottesdienst feiern, ein Ort der Ruhe, ein Ort, um zu mir zu finden.

Glaube und Sport – was ein guter Mix für Herz und Körper

Und die Boulderhalle? Hier erwarte ich, Sport zu machen. Mich zu bewegen, meinen Körper zu spüren – ja, und auch zur Ruhe zu kommen und zu mir zu finden. Denn anders geht es beim Bouldern gar nicht. Wenn ich die Wand hochklettern will, muss ich innerlich ruhig sein, mich auf mich selbst konzentrieren und ganz bei mir sein.

Während ich an den Griffen Zug um Zug dem Himmel ein Stück näherkomme, löst sich der vermeintliche Gegensatz in meinem Kopf auf. Ich merke: Das, was in der Kirche passiert, und das, was ich in der Boulderhalle erlebe, gehört zusammen. Die kirchliche Welt, der Glaube lässt sich nicht vom Rest der Welt trennen. Beides gehört zusammen. Leben geschieht nie in Teilbereichen, sondern immer als Ganzes.

In der BoulderCHURCH komme ich nicht nur in vier Metern Höhe dem Himmel näher. Die BoulderCHURCH lädt mich ein, Gott und mich selbst neu zu entdecken.