hr2 ZUSPRUCH
hr2
Wienold-Hocke, Katrin

Eine Sendung von

Evangelische Pröpstin, Sprengel Kassel

00:00
00:00

Blumenkunst

Es ist ein prachtvolles Gesteck mit üppigen Lilien und Rosen, das im Hauseingang unseres Freundes steht. Immer wieder bleiben Gäste bewundernd stehen. So lebendig wirken die Blüten, aber auch so perfekt.

Kunstblumen - ein bisschen zu schön, um echt zu sein

Sind die echt?  Unser Freund wartet schon auf die Frage. Er hat die Gestecke selbst zusammengestellt, und das Ergebnis ist beeindruckend. Die Blumen erinnern an einen Ball in der Sommerresidenz. Sie sind wunderschön - ein bisschen zu schön, um wahr zu sein. Echte Blumen haben immer kleine Unregelmäßigkeiten.

Bei mir hatten künstliche Blumen ein schlechtes Image. Altmodisch fand ich sie, ganz besonders das staubige altrosa Gebinde im Fernsehraum der Klinik. Jahrelang habe ich es vom Tisch geräumt und durch frische Blumen ersetzt, wenn ich dort einen Gottesdienst halten wollte.

In letzter Zeit sind künstliche Blumen wieder salonfähig. Es gibt sie in verblüffender Qualität. Kunstblumen nicht als Ersatz, sondern als Kunst, so betrachte ich sie mit Respekt.

Künstliche Blumen gibt es schon seit der Antike

Schon in der Antike gab es künstliche Blumen. Im römischen Reich wurden Kränze aus Ägypten eingeführt, mit parfümierten Blumen aus Papyrus und Seide. Im Mittelalter wurde die Legende erzählt, dass die Königin von Saba, die Ägypterin, dem König Salomo Blumen mitgebracht habe, die niemand von den echten unterscheiden konnte. Bis Salomo Bienen in den Raum ließ… die lösten das Rätsel.

Im Christentum schmückte man Altäre und Prozessionen mit künstlichen Blumen. Italienische Nonnen waren es, die über Jahrhunderte hin kostbare Papier- und Seidenblumen herstellten. Sie kamen in Mode, schmückten Hüte und Knopflöcher und wurden später in Manufakturen gefertigt.

Schnittblumen zeigen die Vergänglichkeit der Natur

Bei aller Wertschätzung für diese Blumenkunst - Schnittblumen sind mir lieber. Sie bringen die Schönheit von Gärten und Wiesen mit, vom Wechsel der Jahreszeiten, von Natur und Schöpfung. Ich mag sie, gerade weil sie unvollkommen sind. Sie schrumpeln und welken.

So wie ich auch. Ein Mensch ist in seinem Leben wie Gras, heißt es in der Bibel (Psalm 103,15). Morgens noch grün und frisch, und wenn der heiße Wind darüber geht, abends schon verdorrt. Vergänglich.

Und doch schön. Rosen noch ein bisschen stehen zu lassen, wenn sie anfangen zu welken, habe ich von Diakonissen gelernt. Ja sagen zur Vergänglichkeit. Gottes schöne Blumen welken, jede auf ihre einmalige, unnachahmliche Weise.