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Wiesheu, Annette

Ein Sendung von

Katholische Studienleiterin an der Akademie des Bistums Mainz in Darmstadt

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82 Marienbilder

Bei einer Reise in die USA, die ich im vergangenen Sommer machen konnte, habe ich eine besondere Marienkirche besucht: den National Shrine of the Immaculate Conception in Washington. Das ist eine riesige Kirche, die größte katholische Kirche in Nordamerika. Gebaut wurde sie zwischen 1920 und 1961, und sie ist so etwas wie das Nationalheiligtum der US-amerikanischen Katholiken, eine Gebets- und Pilgerstätte in der Hauptstadt Washington. 

Sie stammen aus der ganzen Welt

Die Kirche ist Maria, der Muttergottes geweiht, und eine ihrer Besonderheiten ist: Sie beherbergt insgesamt 82 Kapellen und Gebetsräume, die meisten davon mit Bildern der Muttergottes. Eigentlich kann ich mit traditioneller Marienfrömmigkeit nicht besonders viel anfangen, und auch die monumentale Architektur der Kirche in Washington, mit viel Marmor und Gold, ist nicht unbedingt nach meinem Geschmack. Aber dennoch haben mich die vielen Marienbilder sehr beeindruckt. Sie stammen aus der ganzen Welt, viele von ihnen sind mit Marienheiligtümern oder Wallfahrtsorten verbunden: Die berühmten Wallfahrtsorte von Lourdes und Fatima sind darunter, auch die Bilder der Muttergottes von Tschenstochau in Polen, von Siluva in Litauen, von La Salette in Frankreich habe ich gefunden.

„Unserer Lieben Frau von China“

Eine kleine Kapelle ist der Muttergottes als der Königin von Irland geweiht. Der amerikanische Kontinent ist vertreten mit einer Kapelle mit dem Bild der Muttergottes von Guadelupe in Mexico, dem größten Marienwallfahrtsort in der Neuen Welt. Maria als der „Mutter Afrikas“ ist eine weitere Kapelle ist gewidmet, und ich habe auch Darstellungen von Maria als „Unserer Lieben Frau von China“ und „Unserer Lieben Frau von Korea“ entdeckt. Diese Marienbilder aus aller Welt – sie erzählen davon: Auf allen Kontinenten beten Menschen, rufen die Muttergottes an, vertrauen ihr ihre Bitten an. 

Das hat sich sehr besonders angefühlt

Aber am meisten berührt hat mich die Nachbildung der Schwarzen Madonna aus dem bayerischen Wallfahrtsort Altötting. Ich bin in der Nähe von Altötting aufgewachsen, dort zur Schule gegangen. So weit von zu Hause, auf einem anderen Kontinent, in einer fremden Stadt plötzlich vor diesem vertrauten Marienbild aus meiner Heimat zu stehen – das hat sich sehr besonders angefühlt. Irgendwie konnte ich nachvollziehen, wovon diese Marienbilder auch erzählen: Von den Menschen, die ihre Heimat verlassen haben und in die USA eingewandert sind, und die ihren Glauben und ihre religiösen Traditionen mitgebracht haben.

Er gibt mir Hoffnung und Halt

Ich kann mir vorstellen: Der Glaube hat Halt gegeben beim Aufbruch in die Neue Welt, in ein Leben voller Ungewissheit. Und die vertrauten Bilder und Gebete – in der Fremde haben sie wohl auch die Erinnerung an die Heimat bewahrt und ein Stück Geborgenheit vermittelt. 

Auf den ersten Blick war mir diese riesige Kirche in Washington mit ihren zahlreichen Marienbildern fremd. Aber ich habe dort etwas von dem gespürt, was für mich an meinem Glauben wichtig ist: Er gibt mir Hoffnung und Halt, gerade angesichts von Neuem und Fremden. Und er verbindet mich mit anderen Menschen, mit Menschen auf der ganzen Welt.