hr2 ZUSPRUCH
hr2
Vonderau, Judith

Eine Sendung von

Katholische Autorin bei "kirche im hr", Bad Orb

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Mein eigener Rhythmus

Menschen leben im Rhythmus. Und das nicht nur, wenn sie gerade tanzen. Unser ganzes Leben ist geprägt von Rhythmen: Da ist der Tagesrhythmus, der Wochenrhythmus, der Wechsel von Werktagen und Sonntagen. Mit dem Blick auf einen längeren Zeitraum zeigt sich der Wechsel der Jahreszeiten, der sich immer und immer wiederholt. Die Kirche kennt den Jahreskreis, also das Kirchenjahr mit seinen wiederkehrenden Festen, liturgisch geprägten Zeiten und Gedenktagen: Auf den Advent folgt immer Weihnachten, am Ende der Fastenzeit wird immer Ostern gefeiert. Darauf ist Verlass.

Alles, was wir in unserem Leben als Rhythmus erleben, kann uns Halt und Struktur geben. Es macht das Leben etwas planbarer: Ich weiß, was mich erwartet und kann mich darauf einstellen. Ich glaube, das Thema des Rhythmus ist noch viel umfassender, als es auf den ersten Blick scheint. Schon Babys im Bauch leben mit einem Rhythmus. Da ist der Herzschlag ihrer Mutter, denn sie Tag und Nacht hören. Das Leben jedes Menschen beginnt mit diesem besonderen Rhythmus. Mit ihm verbunden sind Sicherheit und Halt, Geborgenheit und Vertrauen. Also all das, was es braucht, um psychisch gesund leben zu können.

Rhythym is a dancer und ein Taktgeber für unser Leben

Doch Rhythmen können sich auch verändern. Das Baby im Bauch merkt vielleicht, wenn seine Mutter aufgeregt ist und ihr Herz plötzlich viel schneller schlägt. Oder wenn sie ganz entspannt ist und auch das Herz langsamer wird. Immer gleich bleibt, dass sich nichts grundsätzlich ändert. Das Vertraute verändert sich ein bisschen, aber das Wesentliche bleibt.

Mit der Geburt des Babys ändert sich dann einiges. Das Baby fängt an, außerhalb des Bauches seinen Lebensweg zu gehen. Es ändern sich damit auch die Rhythmen, mit denen sie leben. Den Herzschlag der Mutter hört das Baby jetzt zum Beispiel nicht mehr rund um die Uhr.

Im Laufe des Lebens kommen Menschen mit vielen verschiedenen Rhythmen in Kontakt. Das sind zum einen die äußeren Rhythmen, manche naturgegeben wie der Wechsel von Tag und Nacht. Andere menschengemacht wie die Struktur eines Schul- oder Arbeitstages. Und nicht immer stimmen innerer und äußerer Rhythmus überein. Denn so unterschiedlich die Menschen sind, so unterschiedlich sind auch ihre Bedürfnisse. Bei dem einen geht es zum Beispiel grundsätzlich etwas langsamer oder schneller zu als bei dem anderen. Und so muss ich vielleicht immer mal wieder überprüfen, ob der äußere Rhythmus, dem ich folge, auch meinen inneren Bedürfnissen entspricht. Denn wenn nicht, dann kann ich schnell aus dem Rhythmus kommen.

Wenn ich aber im Rhythmus bleibe oder zumindest immer wieder meinen Rhythmus finde, dann geht es mir gut. Dann passt alles und es fügt sich harmonisch zusammen. Vielleicht sorgt der Rhythmus dann dafür, dass unser ganzes Leben dann doch ein bisschen wie ein Tanz ist.