Stille Stunde
Vor ein paar Wochen habe ich es zum ersten Mal auf Social Media gelesen: Supermarkt führt „Stille Stunde“ ein. Das hat mich begeistert!
Normalerweise ist es ja beim Einkaufen im Supermarkt so: Aus den Lautsprechern dudelt Musik, unterbrochen von Werbung oder Durchsagen „Frau Meier, Kasse bitte! Frau Meier bitte!“ Dazu scheppernde Einkaufswagen, Mitarbeiterinnen stapeln lautstark Dosen und die Kasse piept durchdringend.
Für sensible Menschen oder gar Menschen mit bestimmten psychischen Beeinträchtigungen ist das die Hölle. Sie können kaum das Nötigste erledigen, weil diese Reizüberflutung sie stark belastet.
Dann wurde die Musik ausgeschaltet
In Offenbach ist deshalb ein Vertreter des städtischen Behindertenbeirats auf einen Marktleiter zugegangen. Er hat ihm vorgeschlagen, an einem Tag in der Woche eine „stille Stunde“ einzuführen. Dann soll die Musik ausgeschaltet, das Licht gedimmt und alle anderen Störfaktoren möglichst vermieden werden. Der Marktleiter und die ganze Belegschaft fanden die Idee super und setzten sie schnell um.
Inzwischen gibt es deutschlandweit einige Geschäfte, die die Idee übernehmen. Ursprünglich stammt das Konzept aus Neuseeland.
Feste Zeiten des Schweigens
Ich finde die Idee fantastisch! Erstens nerven mich selbst das ständige Gepiepe und die dudelige Musik. Zweitens finde ich es toll, wenn jemand seine Spielräume nutzt, um anderen Menschen das Leben leichter zu machen!
Ich finde überhaupt: Wir brauchen mehr Stille! Die Stille hat in der christlichen Tradition einen großen Stellenwert. Viele Klöster haben im Alltag feste Zeiten des Schweigens eingeplant – manchmal dauern diese fast den ganzen Tag.
Natürlich muss jeder Mensch schauen, wie das in den persönlichen Alltag passen kann. Ein bisschen Stille integrieren, ist aber gar nicht so schwer.
Er nahm sich eine "stille Stunde"
Ich habe zum Beispiel einen Freund, der geht jeden Morgen zwanzig Minuten spazieren. Er geht bei jedem Wetter und auch im Winter, wenn es dunkel ist. Er sagt: Für ihn ist das wichtig, um im Tag anzukommen und seine Gedanken zu ordnen.
Schon Jesus nahm sich ab und zu eine „stille Stunde“. An einigen Stellen in der Bibel ist davon die Rede, dass Jesus sich zurückzog. Manchmal ging auch er frühmorgens weg, um ungestörte Zeit mit Gott zu haben. (Mk 1,35; Lk 4,42).
Ich versuche es immer wieder
Als gläubige Christin versuche ich immer wieder, eine Zeit der Stille zum Gebet zu reservieren. Das klappt nicht immer: Manchmal habe ich zu viele Alltagsgedanken und To-Dos, die mich innerlich unruhig machen. Aber ich versuche es immer wieder. Dabei helfen mir die gleichen Dinge, die auch im Supermarkt mit der „stillen Stunde“ umgesetzt werden: Ich schalte die Musik aus, dimme das Licht und konzentriere mich auf das, was ich gerade tun will.
Nur für zehn Minuten am Tag
Eigentlich weiß ich ja: Stille tut mir gut. Zum Bespiel eine Viertelstunde nichts tun. Nur still sein. Und wenn ich es dann geschafft habe, dann fühle ich mich oft richtig gut und entlastet. Die Aktion „Stille Stunde“ im Supermarkt hat mich darauf wieder aufmerksam gemacht, wie wichtig Stille ist, gerade in belastenden Zeiten. Und sei es nur für zehn Minuten am Tag.
Hinweis:
Jeden Mittwoch von 15 bis 17 Uhr ist die „stille Stunde“ im Rewe-Markt in der Frankfurter Straße in Offenbach. Es wird auf Lautsprecherdurchsagen und Musik verzichtet. Außerdem werden in dieser Zeit die Lichter gedimmt, Kassentöne auf das Mindeste reduziert und keine Regale eingeräumt.