hr2 ZUSPRUCH
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Flicker, Steffen

Eine Sendung von

Schulleiter der katholischen Schule Marianum Fulda und Vorsitzender des Katholikenrates im Bistum Fulda

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Der perfekte Moment

Kennen Sie dieses Gefühl, zu spät dran zu sein. Ich bin zu spät! Ich meine jetzt nicht, einen Bus verpasst zu haben oder einen wichtigen Arzttermin. Ich meine eher die Situation wie in einem Geistesblitz plötzlich zu spüren: "Dafür ist es jetzt einfach zu spät!" Damit hätte ich schon viel früher anfangen sollen. Ich habe einfach den Moment verpasst! "Den perfekten Moment" - "Der magische Moment" - Gibt es diesen wirklich? Und wenn ja, kann es sein, dass ich ihn jedes Mal verpasse, wenn er da ist. Vielleicht erkenne ich ihn erst gar nicht.

In seinem Song "Herz über Kopf" singt der deutsche Sänger Joris: "Und immer, wenn es Zeit wird zu gehen, verpasse ich den Moment und bleibe stehen." Das Gefühl zu haben, den richtigen Zeitpunkt für eine Entscheidung zu verpassen, das haben Sie vielleicht auch schon erlebt. Und an einer anderen Stelle singt Joris: "Der Zug ist abgefahren, die Zeit verschenkt." Fühlt sich so richtig an, doch ist so falsch. Auch das habe ich schon erlebt: verschenkte Zeit. Und jetzt ist es vorbei.

Auch die Bibel erzählt davon: "Macht es trotzdem! Werft die Netze noch mal aus!" (Joh 21, 1.19) So oder so ähnlich muss die Aufforderung gewesen sein. Jesus ruft sie seinen müden, ja maßlos enttäuschten Freunden zu. Ohne jeden Erfolg kamen die Jünger vom Fischen zurück ans Ufer. Sie hatten die ganze Nacht auf ihren Fischerbooten auf dem See verbracht. Und nichts gefangen! In dieser Frust-Stimmung erreicht die Motivation ihren Nullpunkt. Ausgerechnet in diesem Moment sagt den Freunden jemand: "Probiert es doch noch mal!" Ich weiß nicht, wie ich reagiert hätte. Wahrscheinlich hätte ich gedacht: Der hat leicht reden! Aber die Freunde von Jesus fassen allen Mut zusammen, sie packen es noch einmal an. Mutig! Da strahlt jemand Zuversicht aus: "Auf geht´s! Diesmal klappt es!" Und tatsächlich: Die Fischer fahren nochmals los und machen den ganz großen Fang!

Es muss ja nicht gleich ein großer Fischfang sein. Aber in unseren Beziehungen zu anderen Menschen gibt es ja ähnliche Situationen. Es gab einen Streit. Irgendwie gibt es nichts mehr zu sagen. Gespräche haben keinen Sinn mehr. "Du bist für mich gestorben!", das geht uns dann im Zorn vielleicht über die Lippen. Die Wut ist einfach zu groß. Ist es dann zu spät? Der Zug endgültig abgefahren? Wie wäre es, wenn ich nach langem Warten heute den Anfang mache? Den berühmten "ersten Schritt". Wann genau der richtige, der "perfekte" Moment im Leben ist, kann uns niemand so recht sagen. Letztlich kann ich das nur selbst entscheiden. Aber ich bin überzeugt: Es ist nie zu spät! Auch wenn alle Menschen um mich herum sagen: "Damit brauchst du doch gar nicht erst anzufangen! Das hat sowieso keinen Zweck! Lass es lieber!"