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Jelinek, Carmen

Eine Sendung von

Evangelische Dekanin, Kirchenkreis Kaufungen

Jetzt, nicht irgendwann

Jetzt, nicht irgendwann

„Jetzt, nicht irgendwann!“ steht auf einer Postkarte.

Eine Aufforderung gegen das Verschieben von wichtigen Dingen.

Richtig, denke ich im ersten Moment. Doch dann kommt mir der Gedanke: Es ist nicht alles jetzt dran. Das geht doch gar nicht. „Alles hat seine Zeit.“ Steht schon in der Bibel.

Ich will mich auch nicht unter Druck setzen lassen. Ich kann nicht alles gleichzeitig machen. Es ist meine Entscheidung, wann ich bereit bin für die nächste Anforderung. Ich bestimme den Zeitpunkt.

In der Geschichte von der Hochzeit von Kana im Johannesevangelium geht es auch um den richtigen Zeitpunkt. Das Fest ist in vollem Gange. Da geht der Wein zur Neige, die Gastgeber könnten bald in Schwierigkeiten kommen. Unter den Gästen sind auch Jesus und seine Mutter Maria. Maria sagt zu Jesus: Sie haben keinen Wein mehr.

Ich höre das als eine versteckte Aufforderung: „Der Wein ist alle, du könntest doch  helfen.“

Jesus reagiert barsch gegenüber seiner Mutter. Seine Antwort klingt wie: „Es geht dich nichts an, ob und wann ich das mache.“

Es ist manchmal nicht leicht auszuhalten, wenn man im Ungewissen ist, ob und wann jemand etwas in die Hand nimmt, von dem ich überzeugt bin: Es muss jetzt getan werden! Es kann mich bei anderen Menschen schon aufregen, wenn sie sagen: “Das mache ich gleich!“ oder „Das mache ich später!“ und ich befürchte, dass da doch nichts d’raus wird. Wahrscheinlich bleibt alles beim Alten. Womöglich bleibt wieder alles an mir hängen. Deshalb liegt mir die Aufforderung nahe: Mach es jetzt, nicht irgendwann!

Ob Maria darauf reagiert, dass Jesus sie in die Schranken weist, ist nicht bekannt.

Aber sie ist sich absolut sicher sein, dass Jesus handeln wird.

Sie gibt den Dienern Anweisung, ihn zu unterstützen.

Wir wissen, dass Jesus zu späterer Stunde den Brautleuten aus der misslichen und peinlichen Lage hilft. Er wird sie nicht im Stich lassen. Er bestimmt den richtigen Zeitpunkt für sein Handeln.

In anderen Situationen entdecke ich, dass Jesus bestimmte Dinge gleich angeht. Viele Menschen kommen auf Jesus zu und möchten mit ihm reden. Er reagiert unterschiedlich auf sie. Aber niemals verschiebt er ein Gespräch. Er sagt nicht: „Komm morgen wieder!“ „Später reden wir!“ „Ich habe keine Zeit!“ Oder gar: “Lass dir einen Termin geben.“ Er ist präsent. Wird er angesprochen, geht er auf die Belange und Lebensumstände der Menschen ein. Er schiebt nicht auf. Was jetzt notwendig ist, wird jetzt erledigt und nicht irgendwann.

Nicht nur für die Kinder, sondern auch für uns Erwachsene ist es oft schwer zu erkennen, wann die richtige Zeit für etwas ist.

Deshalb will ich alle meine Sinne einsetzen, um herauszufinden, was jetzt dran ist.

Wofür will ich meine Zeit einsetzen und wofür nicht? Heute 10 Minuten für einen Telefonanruf mit einem lieben Menschen. Morgen einen Einkaufsbummel durch die Stadt. Gleich mit meinem Kind sprechen. Jetzt 30 Sekunden für einen tiefen entspannenden Atemzug.