Staubsauger Henriette
Da steht er total stolz: ein junger Mann mit schwarzer Hose, schwarzer Weste, schwarzer Fliege und weißem Hemd . Wie ein Kellner. Und doch sieht er irgendwie anders aus. Nikki hat Trisomie 21, das Downsyndrom. Er ist Hoteldiener in einem Hamburger Hotel. Nikki ist für das Frühstücksbuffet zuständig. Er prüft die Temperatur der gekochten Eier, sie dürfen nicht kalt sein. Dann holt er neuen Orangensaft und füllt den Brotkorb auf. „Haben Sie noch einen Wunsch?“ fragt er die Gäste. Er nuschelt ein wenig und sein Lächeln ist schief.
Das Hamburger Hotel gehört zu einer Hotelkette, in der körperlich und geistig beeinträchtigte und so genannte normale Menschen zusammen arbeiten. Auf dem freien Arbeitsmarkt würden viele von ihnen nicht eingestellt. Eltern hatten die Idee, sie wollten eine Alternative zu den üblichen Behinderten-Werkstätten schaffen. Alles ist auf die Bedürfnisse und Fähigkeiten des Personals abgestimmt: die Arbeitsdauer, ganz geregelte Arbeitsabläufe, intensives Training. Man will dem Kunden doch auch Qualität liefern. Genaue Listen beschreiben, was zu tun ist: „Müll raus, neuer Müllbeutel“ oder „Klopapier da?“. Manchmal braucht es besondere Phantasie, um Probleme zu lösen. Ein Beispiel: Die Hotelleitung bekam mit, dass einige Mitarbeiter im Zimmerservice die Staubsauger mit Tritten versahen, wenn sie nicht funktionierten. Was tun? Man hat den Staubsaugern Augen aufgeklebt und ihnen Namen gegeben. Nikki arbeitet beim Reinemachen jetzt immer mit dem Staubsauger Henriette zusammen und geht sehr pfleglich mit ihr um.
Die Hotelgäste sind zufrieden. „Dieses Haus tut gut im hektischen Alltag“, steht im Gästebuch. Seit Nikki hier arbeitet, ist er mit Eifer bei der Sache. „Sport mache ich nicht mehr“, sagt er. „Arbeiten ist viel schöner.“ Mich begeistert diese Initiative, besonders der Staubsauger Henriette mit den Augen gefällt mir. Auf so eine Idee muss man erst mal kommen! Wie schön wäre es, wenn Menschen immer so viel Phantasie im Umgang mit den Eigenarten anderer an den Tag legen würden! So ein Chef wie dieser Hotelleiter regt zu Höchstleistungen an und motiviert seine Mitarbeiter.
Manchmal stelle ich mir Gott als einen klasse Chef vor: Er reagiert gelassen und humorvoll auf meine Besonderheiten, vielleicht mit einem Witz oder einem Augenzwinkern. Er denkt sich kreativ Wege aus, wie meine Schwächen kompensiert werden können. Er macht mir Mut, auch Dinge zu schaffen, die erst einmal außerhalb meiner Reichweite sind. Und er stellt mir Menschen an meine Seite, die mit mir zurechtkommen und die von mir profitieren