Heiliges Arbeitsbuch
In meinem Unterricht für angehende Erzieherinnen an unserer Fachschule gehört sie dazu. Meine kleine Bibelausstellung. Ich bringe ganz verschiedene Bibeln zur Ansicht mit. Eine hebräische. Ein griechisches Neues Testament. Traditionelle Übersetzungen ebenso wie moderne. Meine kleine Senfkornbibel. Bebilderte Kinderbibeln. Und meine älteste Bibel: eine deutsche Bibelausgabe von 1727. Ich sitze mit den jungen Frauen im Stuhlkreis und breite meine Bibeln in der Mitte aus. Auf den Fußboden lege ich sie. So, dass jede gut sehen kann.
Zum ersten Mal kam in diesem Schuljahr die Frage: „Sie legen das Heilige Buch einfach so auf den Boden?“ Arzu, eine muslimische Studierende, schaut mich verwundert an. Ihr fragender Blick sagt: „Dürft ihr die Bibel, euer Heiliges Buch, so ganz ‚unheilig‘ in die Hand nehmen? Auf den Boden legen wie ein gewöhnliches Buch?“ Ein Gespräch über das Besondere einer Heiligen Schrift schließt sich an. Über gebotenen Respekt dem Wort Gottes gegenüber. Und über die Arbeit mit und an der Bibel.
Ich habe den Studierenden erzählt von meiner Beziehung zur Bibel. Dass ich aus Jugendtagen noch eine kleine Bibel mit dem alten Luthertext besitze. In ihr lese ich nicht mehr, würde sie aber auch nie weggeben. Wie ich mich schwer tue, ein ausgedientes Bibelbuch zum Altpapier zu geben. Dass meine alte Bibel aus 1727 ein Dekorationsstück für mich ist. Dass ich verschiedene Bibelausgaben lese. Und: Dass ich die Bibel auch als Arbeitsbuch benutze. Stellen, die mir wichtig sind, markiere. Auch schon einmal etwas an den Rand schreibe.
Ein heiliges Arbeitsbuch ist mir die Bibel. Heilig – weil sie Gott zum Inhalt hat. Von Glaubensgeschichten mit Gott erzählt. Mit manchen Stellen der Bibel habe ich meine ganz eigene Glaubensgeschichte. Auch deshalb ist sie mir heilig. Ein Arbeitsbuch ist die Bibel für mich, weil ich über dem Bibellesen um Verstehen ringe. Die Worte und Texte mir erarbeite. Ich habe keine Skrupel, mit meiner Bibel sehr profan umzugehen. Ein Eselsohr tut meiner Heiligen Schrift keinen Abbruch.
Was dem Ansinnen und dem Anspruch der Bibel zuwider läuft ist, wenn ich sie nicht benutze. Nicht mit und in ihr arbeite. Sie nicht aufschlage und lese.
‚12 Anstöße, die Bibel zu lesen‘ war 2003 ein Text der 10. EKD-Synode in Trier überschrieben. Einige der angeführten guten Gründe für das Bibellesen lauten:
- Wer die Bibel liest, kennt seine Wurzeln.
- Wer die Bibel, liest, achtet den anderen.
- Wer die Bibel liest, hält inne.
Und: - Wer die Bibel, liest begegnet Gott.
Als letztes heißt es: - Wer die Bibel liest, hat mehr vom Leben. Herausfordernde Sätze zum Gebrauch des Heiligen Buches. Ob sie stimmen, erschließt sich dem, der anfängt mit der Bibel zu leben und zu arbeiten.