Warum nicht ein Handwerk?
Ich drücke wieder die Schulbank. Dieses Mal aber nicht als Schüler, sondern als Praktikant in einer Berufsschule bei Kassel – im Rahmen meiner Ausbildung zum Pfarrer.
Jesus war Zimmermann
Hier werden junge Menschen ausgebildet, die später als Handwerker arbeiten. Ich finde das spannend – zumal Jesus unser Religionsstifter auch Handwerker war, nämlich Zimmermann.
Ich darf überall reinschauen – in Werkstätten und Klassenräume. Die Schülerinnen und Schüler arbeiten an großen Maschinen. An ihnen lernen sie alles, was sie später brauchen. Im Unterricht wird programmiert: Sie tippen Zahlen und Befehle in ihre Computer, programmieren Bohrer und Fräsen. Wer fertig ist, hilft den anderen. Ich bin beeindruckt von der Disziplin der Schülerinnen und Schüler, ihrer Motivation, der Atmosphäre im Raum.
In der Berufsschule wird schon Können sichtbar
Und irgendwie muss ich an mich selbst denken. Warum habe ich eigentlich nie darüber nachgedacht, eine Ausbildung zu machen? Für mich war immer klar: Nach dem Abi kommt das Studium. Dabei hat mich dieser Tag in der Berufsschule wirklich berührt. Weil dort nicht nur gepaukt wurde, sondern Können sichtbar wurde. Anwendung. Praxis. Sinn.
Auch in der Bibel wird ja schon Handwerk wertgeschätzt. In einem Gebet im Alten Testament heißt es: Der Herr sei freundlich und fördere das Werk unserer Hände (Psalm 90,17).
Die Schule ist gut ausgestattet, aber viele Räume stehen leer. Viele Ausbildungsplätze bleiben unbesetzt. Nicht nur hier, sondern fast überall in Deutschland.
Wir müssen das Handwerk wieder wertschätzen
Den Einblick, den ich in der Berufsschule bekommen habe, wünsche ich auch anderen. Denn einen solchen Blick hinter die Kulissen braucht es vielleicht, um Handwerk wieder richtig wertzuschätzen, wieder neu zu sehen, wie viel Intelligenz, Kreativität und Begeisterung im Handwerk steckt. Ich jedenfalls hätte dort gerne auch noch länger die Schulbank gedrückt, damit Gott auch das Werk meiner Hände fördere, anderen zugute.