hr1 ZUSPRUCH
hr1
Seeger, Andrea

Eine Sendung von

Evangelische Theologin, Oberursel

00:00
00:00
Eine Frau mit roten Locken steht vor einer neutralen Hintergrundfarbe und formt mit ihren Händen das Zeichen für Halt. Ihr Gesichtsausdruck ist ernst, und sie blickt direkt in die Kamera. Sie trägt ein graues Hemd und hat ihre Arme etwa auf Brusthöhe erhoben.

Nein-Sagerin

Vielen Menschen fällt es schwer, nein zu sagen. Nein hat einen schlechten Ruf. Es gilt als brüsk, markiert eine Grenze, manchmal mit einem kritischen Unterton. Ein Ja ist gefälliger, baut Brücken, schafft Beziehungen. Mir fällt auf: gerade Frauen neigen dazu, ja zu sagen, auch wenn sie eigentlich lieber „nein“ sagen möchten.

Frauen, Erwartungen und innere Grenzen – Achtsamkeit im Glauben

Das gilt auch für mich. Nicht nur für die Arbeit, sondern auch in der Familie und im Ehrenamt. „Kannst Du mit den Kindern Plätzchen backen, den Text für die Weihnachtskarten entwerfen oder kleine Geschenke für die Kursleiterinnen besorgen?“ Gerade jetzt in der Adventszeit ist so viel zu tun, aber ich antworte trotzdem meist: „Klar doch!“ Lieber ein freundliches Ja als ein schroffes Nein - auch, wenn ich nicht weiß, wie ich das schaffen soll. 

Maria und Marta – zwei Wege, die Welt zu sehen – Nein sagen Bibel

Aber was ich auch inzwischen weiß: Neinsagen lässt sich lernen. Auch die Bibel erzählt davon. Zum Beispiel von den Schwestern Maria und Marta, die enge Freundinnen Jesu sind. Marta ist eine engagierte, zupackende Frau, die als Gastgeberin für Jesus und seine Freunde kocht und sie bei Tisch bedient. Ihre Schwester Maria hingegen kümmert sich nicht um den Haushalt, lässt ihre Schwester damit allein.

Selbstbestimmt leben: Was ist mir wichtig? Selbstfürsorge Christentum

Ich finde das sehr selbstbestimmt. Maria ist nicht faul. Aber sie hat sich in dem Moment gefragt: Was ist mir jetzt wichtig? Und hat sich dafür entschieden, bei Jesus zu sitzen und ihm zuzuhören. In der damaligen Welt war das ein starkes Stück. Aber Jesus gibt ihr Recht. Er sagt zur fleißigen Marta: „Mach dir nicht so viele Sorgen. Mach’s wie Maria und wähle, was guttut. Das kann dir niemand nehmen.“ Von Maria lässt sich also lernen: Vor dem Ja-Sagen prüfen: Was ist jetzt dran, was ich wichtig, was tut mir gut?

Ein Ja/Nein-Tagebuch – kleine Schritte zur Veränderung Selbstfürsorge

Ich führe inzwischen ein Ja/Nein-Tagebuch. Darin notiere ich, wie oft ich ja sage und wie oft nein. So viel sei hier verraten: Ja führt immer noch, Nein ist aber häufiger geworden.

Lukas 10,38-42