Beim Bäcker
Ich stehe in der Schlange beim Bäcker. Eigentlich im Supermarkt-Café, man kann hier auch sitzen, Kaffee trinken, ein Stück Kuchen essen. Die Luft riecht nach frischem Brot und Gewürzkuchen. Vor mir sind noch andere Kunden, Stimmengewirr, Klappern von Kaffeetassen.
“Kann ich den Rand haben?”
Eine Frau fällt mir besonders auf. Sie wirkt nervös. Vielleicht hat sie es eilig. Sie hat keine Tasche dabei. Keinen Einkaufskorb. Ihre Hände hängen unsicher an den Seiten. Sie schaut immer wieder zur Theke, dann wieder auf den Boden. Als sie an der Reihe ist, sagt sie leise: „Kann ich den Rand haben?“
Ich verstehe nicht sofort. Aber die Verkäuferin versteht. Es scheint nicht das erste Mal zu sein, dass jemand nach dem Kuchenrand fragt. „Ja, kein Problem“, sagt sie. „Der wird sonst eh nur weggeworfen.“ Sie schneidet ein Stück vom Rand des Streuselkuchens ab, legt es auf eine Serviette und reicht es der Frau.
Nur Kuchenrand, ohne Streusel
Die Frau bedankt sich und setzt sich auf einen der Plastikstühle im Café. Dann klappt sie die Serviette vorsichtig auf, legt das trockene Stück Kuchenrand darauf. Es ist wirklich nur Rand. Keine Frucht, keine Streusel, nur Hefeteig, dunkel gebacken.
Ein Kaffee zum trockenen Kuchenrand
Die Kundin vor mir bestellt ihr Brot und einen Coffee to go. Ich sehe, wie sie den Becher nimmt und zu der Frau mit dem Kuchenrand geht. „Möchten Sie?“ fragt sie. Die Frau blickt überrascht auf. Sie zögert, dann nickt sie. Die beiden lächeln einander an. Ganz kurz. Sonst passiert nichts.
Ein Moment der Wärme und Menschlichkeit
Mich hat diese Szene berührt. Erst, die Verkäuferin, die ganz selbstverständlich der Bitte nachkommt. Dann die Frau, die einen Kaffee verschenkt. Ich bin ein bisschen beschämt, dass mir das nicht eingefallen ist. Vielleicht das nächste Mal. Heute, im Advent, nehme ich diesen Moment mit – als kleine Erinnerung daran, wie viel Wärme und Menschlichkeit in einer kleinen Geste stecken kann.