hr1 ZUSPRUCH
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Vonderau, Judith

Eine Sendung von

Katholische Autorin bei "kirche im hr", Bad Orb

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Sommerferiengefühl

Die zweite Woche der Sommerferien in Hessen nähert sich dem Ende. Das erinnert mich an meine eigene Schulzeit, als ich selbst noch Sommerferien hatte. Nach den ersten zwei Wochen Ferien hatte ich das Gefühl, noch ganz am Anfang von etwas richtig Schönem zu stehen. Da lag noch alles vor mir, der lange Sommer, ganze vier Wochen ohne Schule, in denen ich tun und lassen konnte, worauf ich Lust hatte.

Es gab keine Verpflichtungen: keine Schule bis spätnachmittags, keine Hausaufgaben und keine Englischvokabeln, die ich für den wöchentlichen Verkabeltest lernen musste. Ich habe mich einfach frei gefühlt.

Meine Schulzeit ist vorbei und heute habe ich keine sechs Wochen Sommerferien mehr. Vermutlich geht es mir da wie den meisten Menschen. So lange frei zu haben, ist etwas Besonderes. Und ich kann gut verstehen, dass der eine oder die andere in etwa meinem Alter wieder nach dieser Möglichkeit sucht, als Erwachsene dieses Sommerferiengefühl zu haben. Eine mögliche Antwort kann ein Sabbatjahr sein. Also für eine längere Zeit, zum Beispiel für ein Jahr, aus dem Beruf auszusteigen und all das machen, was man schon immer tun wollte. Einfach frei sein von beruflichen Verpflichtungen und selbst über mich und meine Zeit bestimmen können.

Nur für mich: kleine Inseln schaffen

Wenn mein Beruf nicht gleichzeitig meine Berufung ist oder wenn ich einen Tapetenwechsel brauche, dann liegt es an mir, die Rahmenbedingungen dafür zu schaffen. Dabei muss es nicht immer gleich ein ganzes Jahr sein. Ich muss auch nicht gleich aus meinem Beruf aussteigen. Vielleicht reicht es schon, klein anzufangen und nur ein Detail in meinem Leben zu verändern. Ich kann mir einmal pro Woche eine Stunde Zeit für mich reservieren. Und in dieser Stunde mache ich dann etwas, was mich glücklich macht. Das kann Sport sein, ein gutes Buch lesen, ein Treffen mit einem lieben Menschen – was mir eben guttut.

Wenn ich diesen Termin so ernst nehme wie meine anderen Verpflichtungen, dann weiß ich: Das ist jetzt meine Stunde, nur für mich und das, was ich gern tue. In dieser Stunde gibt es sonst nichts. Und vielleicht fühlt sich das dann ein bisschen an wie die Sommerferien in meiner Schulzeit. Denn ich weiß: Diese Zeit gehört nur mir.