VUCA-Welt und Kerbers Kaufhaus
Ich beschäftige mich gerade mit dem agilen Arbeiten des Design Thinking. Dabei geht es darum, mit 20 % Aufwand 80 % Qualität zu erreichen und mit diesem provisorischen Status schnell ins Handeln zu kommen, keine drei Schleifen mehr zu ziehen, sondern möglichst unaufwendig ins Experiment zu gehen. In Fulda steht zum Beispiel das riesige Traditionskaufhaus Kerber leer. Die Stadt hat sich dieses Areals mitten in der Innenstadt angenommen und ist ganz innovativ vorgegangen: Sie haben Ideen entwickelt, überlegt, was die Menschen in einer Stadt der Zukunft brauchen und was dieses Areal dazu beitragen kann. Seither probieren sie verschiedene Nutzungen aus – ohne viel Umbau und Investition. Zurzeit werden ein Konzeptkaufhaus, ein Co-Working-Space und eine Eventfläche ausprobiert, als Experiment für drei Jahre mit leichtem Gepäck. Mich fasziniert, wie flexibel sie vorgehen. Davon kann die Kirche lernen, finde ich. Das Provisorische wieder neu zu schätzen. Nicht allem zu schnell feste Mauern geben, nicht alles auf Dauer zu stellen.
Mut haben aufzubrechen, auch wenn das Ziel noch unbekannt ist
Ich frage mich, ob das Agile unserer aktuellen Zeit auch ein Ruf von Gott sein kann. Eine Einladung, neu zu dem zurückzufinden, was Glauben eigentlich bedeutet.
„Der größte Feind des Glaubens ist der Wunsch nach Dauer.“ Dieser Satz kommt mir immer wieder in den Sinn. Er stammt von Madeleine Delbrêl. Sie gehört zu den Mystikerinnen des 20. Jahrhunderts und blieb unangepasst. Ich verbinde ihre Art mit der Erfahrung mit Gott. Eine Erfahrung mit Gott ist für mich nicht verfügbar oder herstellbar, – nicht mit dem Gott der Bibel. Ich habe ihn nicht in der Tasche. Zum Beispiel was Mose mit seinem geheimnisvollen Jahwe-Gott erlebt hat, als er mit dem Volk Israel Ägypten verließ und durch die Wüste zog in ein noch unbekanntes Land – eine Schule im Vertrauen, im Loslassen. Die Notwendigkeit, Sicherheits- und Versorgungsdenken aufzugeben. Eine Schlüsselerfahrung des Glaubens.
Jenseits der eigenen Sicherheitszone zu handeln, ist ja nicht nur für die Kirche ein Thema. Die Kompetenz, mit Unsicherheiten und vielen Fragezeichen trotzdem kreativ umzugehen, ist eine echte Fähigkeit für die Zukunft. Ich finde es schön und anstrengend zugleich. Ich genieße es, das zu wiederholen, worin ich Erfahrung habe. Gleichzeitig merke ich, dass es notwendig ist, im Unbekannten flexibel zu handeln. Ich möchte das mehr lernen. Denn es hat auch etwas Befreiendes.
 
                 
                  
                     
          
       
          
      