hr1 ZUSPRUCH
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Kitz, Verena Maria

Eine Sendung von

Katholische Pastoralreferentin in St. Michael, Zentrum für Trauerseelsorge, Frankfurt

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Neue Wanderschuhe und andere Überforderungen

Meine alten Wanderschuhe waren wirklich abgelatscht, ich musste neue kaufen. Leider gab es das alte Modell nicht mehr. Und dann schwärmte der Verkäufer von der Vielfalt heute: Lederschuhe oder Funktionsmaterial? Für‘s Gelände oder im Gebirge? Damen- oder vielleicht ein Herrenmodell, wenn es die Größe nicht gibt? Nach sechs oder sieben Versuchen wusste ich gar nicht mehr, welcher Schuh sich gut angefühlt hat. Ich bin erst mal wieder raus aus dem Laden, ohne Schuhe.

Die Qual der Wahl

Einem Bekannten habe ich davon erzählt, und ihm ist es ähnlich ergangen. Er wollte sich zum Spaß vor einiger Zeit ein Rubbellos kaufen! EIN Rubbellos? Es gab x-verschiedene Sorten und natürlich auch Gewinne! Das hat ihn auch völlig überfordert, der Spaß war weg, und er hat keines gekauft.

Die Wahnsinnsauswahl überfordert

Natürlich, das sind Luxusprobleme – neue Wanderschuhe kaufen und ein Rubbellos ja sowieso. Aber beides sind ja auch nur Beispiele für die Wahnsinnsauswahl, die sich überall bietet. Mich kostet die Zeit und Nerven. Klar, es ist gut, auswählen zu können. Aber zu viel davon, das überfordert mich und hindert mich am Entscheiden. Als mein Bekannter von der Masse von Rubbel-Losen und Gewinnchancen erzählt hat, ist mir unwillkürlich dieser Satz aus der Bibel eingefallen: „Was nützt es dem Menschen, wenn er die ganze Welt gewinnt, aber an seiner Seele Schaden nimmt?“

Wie viel Lebenszeit kostet mich die Auswahl

Klar – weder meinem Bekannten noch mir ist ein wirklicher Schaden entstanden – schon gar nicht an unserer Seele. Aber zu viel Auswahl an Losen ist kein Gewinn, zu viel Auswahl an Schuhen verhindert buchstäblich den ersten Schritt. Wie viel Lebenszeit habe ich verbraucht, um den besten Schuh zu finden.

Nicht weiter nach „dem Besten“ jagen

Der Satz aus der Bibel hat mich darauf aufmerksam gemacht. Und hat mich ermutigt, nicht weiter nach dem vielleicht besten Schuh zu jagen. Sondern die Auswahl zu beschränken. Ich habe beim zweiten Gang ins Geschäft die Wanderschuhe genommen, die so ähnlich waren wie meine alten. Mit denen habe ich inzwischen ein paar sehr schöne Wege gemacht. Und die haben meiner Seele richtig gut getan – besser als die Jagd nach dem besten Schuh. Danke für den Tipp, liebe Bibel!