Der Hermann und der Glaube
Er riecht säuerlich bis leicht süßlich. Man füttert ihn mit Mehl, Milch und Zucker. Ansonsten ist er genügsam und wird erstaunlich groß, besonders, wenn man ihn im Kühlschrank aufbewahrt: der Hermann-Teig. Er war schon mal in den 70er- und 80-er Jahren der Renner. Jetzt ist er wieder da und erlebt sein Revival.
Eine nicht sehr appetitliche Masse
Eine Freundin von mir, Frieda, ist auf den Back-Hype mit Hermannteig aufgesprungen. Sie fabriziert mit Hermann die leckersten Kuchen, Muffins und Brownies. Seitdem steht auch in meinem Kühlschrank ein Marmeladenglas mit dieser nicht sehr appetitlichen Masse.
Hermann braucht Geduld und Liebe
Ich kenne den Hermann schon seit meiner Grundschulzeit. Damals haben wir in der Klasse die angesetzten Sauerteige untereinander geteilt. „Puh, der stinkt vielleicht!“ oder „Iiiih, guck mal, der ist extra schleimig!“ schallte es dann durch den Raum. Manchmal schaffte der Hermann es nicht aus unserem Klassenzimmer, sondern klebte auf Stühlen oder in den Haaren. Aber das Teig-Teilen hat trotzdem Spaß gemacht. Es ist nicht bloß eine schöne Geste, sondern ein gelungenes Gemeinschaftswerk. So ein Teig braucht Liebe und Geduld, damit er im Kühlschrank vor sich hinwirken kann. Man muss sich kümmern. Aber das Ergebnis lohnt sich.
Ein Teig zum Teilen
Meinen aktuellen Hermann-Teig habe ich von meiner Freundin Frieda bekommen. Wenn er aufgegangen ist, werde ich ihn wieder mit anderen teilen. Den Kuchen, den ich daraus backe, sowieso. Und ich kann meine Erfahrungen mit anderen austauschen. Ich lerne dabei unterschiedliche Rezepte kennen. Denn Hermann ist nicht gleich Hermann.
Kein Glaube gleicht dem anderen
Ein bisschen ist es so auch mit dem Glauben: Jeder Mensch hat sein eigenes Glaubensrezept. Kein Glaube gleicht dem anderen. Aber es gibt die Grundzutaten Hoffnung, Vertrauen und Liebe. Wenn ich mich darauf einlasse, kann daraus etwas Feines werden. Etwas, das mich nährt und einen guten Geschmack ins Leben bringt. Noch etwas verbindet Teig und Glaube: Beides will geteilt werden. Deshalb freue ich mich, wenn ich mich mit anderen über Glauben und gute Rezepte austauschen kann.