Ab morgen ist alles vorbei?
Heute wird noch einmal bis zum Ende gefeiert. Zum letzten Mal Fastnacht in diesem Jahr, zum letzten Mal Fastnachtsumzüge, Lumpenbälle, Verkleiden, Feiern und ein wenig die Sau rauslassen. Heute wird noch mal kräftig getrunken, geschunkelt, geküsst, geliebt und noch mal gefuttert, was das Zeug hält. Fastnacht, das bedeutet für mich: Feiern und fröhlich sein. Heute wird nochmal gefeiert.
Am Aschermittwoch ist alles vorbei, sagt zumindest das Fastnachtslied. Andres aber als beim Lied glaube ich aber: Eine wichtige Botschaft der Fastnacht bleibt: Wir Menschen haben eigentlich immer die Möglichkeit, Dinge auf den Kopf zu stellen und die Machtverhältnisse umzudrehen. Das war schon im Mittelalter so. Da gab es in vielen Gegenden Europas ein Narrenfest. Fromme Priester und reiche Bürger zogen obszöne Masken an und sangen schamlose Liedchen. Die kleinen Leute kleideten sich wie Obere und haben sich über sie lustig gemacht. Kirche und Hof waren Zielscheibe des Spotts und es gab einen "Spottkönig" oder ein „Bubenbischof", der dem Fest vorstand. Einmal im Jahr stand die menschliche Ordnung Kopf. Erst Martin Luther hat damit Schluss gemacht. Der forderte von Christen einwandfreies Benehmen und mit sowas wie Fastnacht war kein Staat zu machen. Luther predigte, Christen sollen nüchtern, sparsam, fleißig und strebsam sein. Und verdammte Heiterkeit und Ausgelassenheit.
Zu meinem Leben gehören Freude, Feiern, Ausgelassensein und vielleicht manchmal ein wenig „Über die Strenge schlagen“ dazu. Weil ich dann eine Ahnung davon bekomme, dass alles auch ganz anders sein könnte, dass in der Welt Freude sein kann. Das kommt von meinem Glauben her, weil Gott will, dass wir Menschen unser Leben in Freude leben. Freude verliere ich aber, wenn ich mir die Welt anschaue: Klimakatastrophen, viele Länder mit Krieg oder Bürgerkrieg, Hunger in Afrika, Ausbeutung und Korruption. Da geht mir jede Freude ab.
Genau deswegen aber brauche ich ab morgen die Fastenzeit. Damit ich mich besinnen kann, was wichtig ist im Leben, und auch was wichtig ist für die Welt, in der ich lebe. Damit ich mich und mein Leben wieder ins richtige Lot bringen kann. Auch damit ich auf Dinge verzichte, gerade weil sie mir wichtig sind. Etwa Alkohol oder Fleisch, da werde ich in der Fastenzeit passen. Und werde gleichzeitig bei MISEREOR ein Projekt in Syrien unterstützen, damit Menschen im Kriegsgebiet Schulen einrichten können.
Am Aschermittwoch ist nicht alles vorbei, wie das Fastnachtslied sagt: Am Aschermittwoch geht’s eigentlich erst richtig los.