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Kristen, Dr. Peter

Eine Sendung von

Evangelischer Pfarrer und Studienleiter, Religionspädagogisches Institut Darmstadt

Weihnachtsgeschenke für Unbekannte

Weihnachtsgeschenke für Unbekannte

Im Haus der Kirche in Büdingen stapeln sich die Geschenke.  Etwa vierhundert schuhkartongroße Weihnachtspäckchen. Viele Kinder, Erwachsene oder Ältere haben sie dort in den letzten Wochen abgegeben - für Kinder und Jugendliche, die sie gar nicht kennen. Sie wissen nur: deren Familien werden von der Tafel regelmäßig mit Lebensmitteln versorgt.  Und ihr Päckchen ist wahrscheinlich eins der wenigen Weihnachtsgeschenke, die sie bekommen werden. Eine Mutter sagt: „Ich habe drei Kinder, und jedes packt ein Päckchen für ein anderes Kind. Ich finde, da haben alle etwas davon.“

Ein Weihnachtspäckchen packen für jemanden, den ich gar nicht kenne? Das ist ganz schön schwierig, hab ich mir gedacht. Manchmal ist das ja schon schwer, für Leute, die ich gut kenne. Aber war das nicht gleich bei den allerersten Weihnachtsgeschenken auch so? Die Sterndeuter, die sich aus dem Osten auf den Weg zum neugeborenen König der Juden gemacht hatten, die wussten ja auch nicht mehr, als dass da ein Kind geboren war, von dem Besonderes vorausgesagt worden war.

Was packt man da ein? Gut zu transportieren muss es sein, nicht zu sperrig, einen Moment haltbar und irgendwie wertvoll. Weihrauch und Myrrhe haben die Sterndeuter ausgesucht. Das waren kostbare Luxusartikel, Harze, die für die Körperpflege und in der Kosmetik verwendet wurden. Und Gold, das war und ist kostbar. Gut zu transportieren, nicht zu sperrig, einen Moment haltbar und irgendwie wertvoll, das gilt auch für die Päckchen im Geschenkestapel in Büdingen.

Die vierhundert Päckchenpacker haben es genauso gemacht wie die Sterndeuter: Sie haben liebevoll und ganz individuell etwas ausgesucht, das die Zeit bis Weihnachten gut übersteht. Für ein Kind, von dem sie nur das Geschlecht und das Alter wissen haben sie eingepackt, was wertvoll und angemessen erscheint.

Warum machen die Päckchenpacker das? Dankbarkeit erwarten sie ja nicht, denn sie bleiben ja als Schenkende anonym. Und natürlich bekommen alle Kinder etwas zu Weihnachten, auch die, die keine Christen sind. Auch das ist genau wie bei den Sterndeutern. Auch die hatten nicht dieselbe Religion wie das Christuskind. Sie haben auch über Religionsgrenzen hinweg geschenkt.

Unsere Familie hat auch ein Päckchen abgegeben, damit eine Siebzehnjährige spüren kann: freu Dich mit, an dich hat jemand gedacht. Für die vierhundert Päckchenempfänger ist das die Botschaft: Zu Weihnachten werden wir alle beschenkt, Du auch!