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Vorländer, Martin

Eine Sendung von

Evangelischer Pfarrer und Senderbeauftragter für den DLF, Frankfurt

Was ist Beichte? Zum Doping-Geständnis von Lance Armstrong

Was ist Beichte? Zum Doping-Geständnis von Lance Armstrong

Lance Armstrong hat bei der Fernsehmoderatorin Oprah Winfrey, der Beichtmutter der US-amerikanischen Nation seine Dopingsünden gestanden. Der Bußgang wurde groß angekündigt und am Donnerstag und gestern gesendet. Beichte häppchenweise. Ein Geständnis als Quotenhit und Verkaufsschlager. „Das wichtigste Interview meines Lebens – am Ende waren wir beide erschöpft“, ließ Oprah Winfrey werbewirksam schon vor der Ausstrahlung verkünden.

Viel Neues war nicht zu erwarten. Die Fakten lagen schon vorher auf dem Tisch: Lance Armstrong ist des Dopings überführt. Der Radsport-Weltverband hat seine sieben Siege bei der Tour de France annulliert und ihn lebenslang gesperrt. Neu ist, dass Armstrong seinen Betrug nicht länger leugnet. Vor dem Interview hatte er angedeutet, dass er mächtige Personen belasten könne. Auf seiner Homepage präsentiert er nach wie vor Fotos von seinen längst hinfälligen Triumphen. Beichte und Buße sehen anders aus.

Beichte ist ein Dreischritt. Sie besteht aus Reue, Bekenntnis und dann erst Zuspruch der Vergebung. Reue meint, dass ich von Herzen zerknirscht bin über das, was ich getan habe. Kein Verweisen auf irgendwelche andere, die auch schuld sind. Das mag sein, aber an erster Stelle geht es um mich. So schwer es fällt: Es wirkt befreiend, wenn ich meine Schuld ausspreche und um Vergebung bitte. Das ist kein leichtfertiges „Tschuldigung – sorry!“ Um Vergebung bitten ist ein innerer Bruch: Ich bin nicht so, wie ich vorgebe zu sein. Ich zeige meine Schwachpunkte und mache mich davon abhängig, wie der andere reagiert. Ich muss meinen Stolz, meine Scham überwinden. Beichte könnte einer der größten Kraftanstrengungen in der Karriere von Lance Armstrong sein.

Zur Beichte gehört die Erkenntnis und der Wille: Ich muss mich ändern. Kein schnelles „Vergeben, vergessen – und jetzt kann ich so weitermachen wie bisher.“ Beichte eröffnet die Chance, dass ich nicht auf meiner Schuld sitzen bleibe, sondern mich ändere. Es ist ein Zeichen von Würde: Ich bekenne mich zu meinem Tun, ich erkläre mich verantwortlich. Beichten kann jede und jeder – nicht nur bei Oprah Winfrey: im Gebet mit Gott. Im Gespräch mit einem anderen. In Vertraulichkeit bei einer Seelsorgerin oder einem Seelsorger.