Vertrauliche Geburt
Die kleine Lisa blättert in einem Familienalbum. „So haben Opa und Oma ausgesehen, als sie jung waren…“? Beim Hochzeitsbild ihrer Eltern reckt sie stolz ihren Daumen in die Luft und sagt: „Den Daumen, den hab ich vom Papa – und die Augen von meiner Mama.“ Wer auch seine biologischen Wurzeln kennt, entwickelt leichter ein gutes Selbstwertgefühl und eine stabile Persönlichkeit. Jedes Leben lebt sich nun mal von seinem Anfang her. Die eigenen Wurzeln zu kennen gibt unverzichtbaren Halt.
So ganz selbstverständlich ist das ist allerdings nicht. Immer wieder werden Kinder auch anonym geboren. Trotz aller Aufklärung und Verhütung werden durchaus nicht nur junge Frauen ungewollt schwanger. Manchmal, wenn ein Kind auf gar keinen Fall ins Leben passt, entscheiden sie sich dann, das Kind ganz alleine zur Welt bringen, heimlich, irgendwo, irgendwie und es dann wegzugeben, damit es wenigstens lebt.
Die Bundesfamilienministerin plant nun ein Gesetz zur sogenannten vertraulichen Geburt. Das soll anonyme Geburten und Babyklappen überflüssig machen. Danach wird die Mutter zunächst professionell beraten. Dann kann sie ihr Kind in der Sicherheit eines Krankenhauses zur Welt bringen. Ihren Namen muss sie in der akuten Notlage nicht preisgeben. Ein Jahr hat sie Zeit, sich für das Kind zu entscheiden, oder es zur Adoption freizugeben.
Das Kind darf leben und ist von Anfang an gut versorgt. Die Daten der Mutter werden vertraulich erfasst und in einem Umschlag für 16 Jahre amtlich verwahrt. So hat das Kind die Chance, eines Tages etwas über seine Wurzeln zu erfahren. Nur wenn die Mutter gute Gründe dafür hat, bleibt der Umschlag verschlossen.
Eine Frau, die mit 39 erfahren hat, wer ihre leiblichen Eltern sind, sagt: „Es war, als würde mir da ein wichtiger Teil meiner Identität nachgereicht.“ Die Therapeutin Marianne Franke-Griksch bestätigt das. Sie sagt: unsere Eltern tragen wir immer in uns, selbst dann wenn wir es mit ihnen schwer haben, oder von ihnen getrennt sind.
Es ist gut, dass die vertrauliche Geburt Kindern auch in schwierigen Umständen die Chance geben soll, ihre Wurzeln kennenzulernen und sich so fest im Leben zu verankern. Vater und Mutter zu kennen, mir gibt das auch eine Ahnung davon, was es heißen kann Gottes Kind zu sein: Von Gott bin ich gewollt, angesehen und ohne jede Bedingung geliebt, von allem Anfang an. Das gilt von jeher für alle Menschen.