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Kristen, Dr. Peter

Eine Sendung von

Evangelischer Pfarrer und Studienleiter, Religionspädagogisches Institut Darmstadt

So viel du kriegen kannst?  Zur Steueraffäre Uli Hoeneß

So viel du kriegen kannst? Zur Steueraffäre Uli Hoeneß

Für Uli Hoeneß sind Sackgassen nicht neu. Die gab es auch in seinem Leben, in dem er für viele ein Vorbild war. So wie damals bei der EM 1976, als er den entscheidenden Elfmeter im Finale in den Abendhimmel von Belgrad geschossen hat. Oder die Champions-League letztes Jahr: endlich angekommen im „Finale "dahoam" – und dann verloren. Jetzt aber eine Sackgasse einer ganz anderen Dimension. Selbst verschuldet noch dazu: seine Steuerhinterziehung. Im Sport heißt es oft: immer weiter machen, immer nach vorne schauen, jetzt erst recht! Und im Geschäftsleben gilt: Nimm, so viel du kriegen kannst! Der Sportmanager Uli Hoeneß ist auf beiden Bühnen schon lange zuhause, im Sport und im Geschäftsleben.

So viel nehmen, wie man kriegen kann. Machen das nicht alle so? Eine Alternative heißt: „So viel du brauchst.“ Das ist das Motto des Evangelischen Kirchentags, der nächsten Mittwoch in Hamburg beginnt. „So viel du brauchst.“ Die Worte stammen aus der Bibel, aus der Geschichte von der Wüstenwanderung der Israeliten. Gott schenkte den hungrigen Menschen in der Wüste zum Überleben Manna. Dazu diese Worte: „Sammele vom Manna, von dieser Art Honigtau, nur so viel, wie Du für den Tag brauchst – nicht mehr.“ Und weil sich auch damals nicht alle daran gehalten haben, erfahren sie: Wenn sie doch heimlich etwas zurückbehalten, beginnt es zu stinken und verdirbt.

Die Hamburger Bischöfin Kirsten Fehrs hat dazu gesagt: „Es ging den Israeliten wie den meisten – das, was der Mensch wirklich braucht, weiß er gar nicht so genau. … Und so nehmen die einen viel, die anderen wenig. Folge: Das, was zu viel ist, verdirbt. Den Charakter übrigens auch.“ Soweit die Bibel-Geschichte vom Manna. Vielleicht hat auch Uli Hoeneß zu lange versucht, so viel zu nehmen, wie er kriegen konnte und immer weiter nur nach vorne geschaut. Das bringt aber nichts in einer Sackgasse, in die man sich selbst gebracht hat.

Wenn ich in einer Sackgasse stecke, muss ich anhalten. Und überlegen, wie ich mich anderes verhalten kann. Ich kann mich umdrehen und die Dinge anders sehen. Dann frage ich mal nicht, wie viel ich kriegen kann, sondern: wie viel ich brauche. Und auch: Was brauchen die anderen? Dabei bemerke ich: manches von dem, was mir zugute kommt, habe ich gar nicht selbst verdient, das hat mir Gott geschenkt und allen anderen auch. Eine Sackgasse kann man auch zum Umkehren nutzen.