Riskier was, Mensch!

Inzwischen sind es zirka zwei Millionen Menschen, die heute, am Aschermittwoch, in eine besondere persönliche Jahreszeit starten. Sieben Wochen ohne. In der Zeit, in der traditionell gefastet wurde, verzichten sie auf etwas, was in der übrigen Zeit des Jahres fast selbstverständlich zu ihrem Alltag gehört. Sieben Wochen ohne Fleischkonsum. Ohne Fernseher. Ohne eigenes Auto.

Aus den alltäglichen Gewohnheiten auszusteigen, das fällt nicht leicht. Aber es ermöglicht einen neuen Blick auf das, was mein Leben ausmacht. Was ich selbstverständlich nutze oder genieße. Und auch auf das, was ich wirklich zum Leben brauche.

Der diesjährige Vorschlag klingt überraschend: "Riskier was, Mensch! Sieben Wochen ohne Vorsicht." Das klingt, als ob wir zum Leichtsinn ermutigt werden sollen, bei dem wir uns und anderen schaden können. Soweit sollte es nicht kommen mit dem Riskieren. Aber diese provokante Aufforderung will uns dazu bringen, im Leben mehr zu wagen.

Wir befinden uns damit in bester Gesellschaft. In der Bibel wimmelt es vor unvorsichtigen Menschen: Mittellose Witwen, die klugen und mächtigen Richtern kräftig auf den Wecker gehn; Menschen, die von jetzt auf gleich Haus und Hof verlassen und einem Wanderprediger hinterher laufen. Fischer, die zu einer Zeit die Netze auslegen, wo sie noch nie Erfolg hatten.

Es liegt ein Reiz darin, einmal nicht in den gewohnten Geleisen zu bleiben, einmal nicht alles, was man tut, doppelt und dreifach abzusichern, sondern etwas Neues und Anderes zu wagen. Ohne zu wissen, ob es gelingt.

Das muss ja nicht gleich ein Abenteuerurlaub am Nordpol sein. Oder hoch riskante Geldgeschäfte. Vielleicht wage ich den Streit, den ich die ganze Zeit \"um des lieben Friedens willen\" umgangen habe. Und weiß nicht, wie es ausgeht. Oder ich setze eine Idee um, obwohl die anderen sagen, das sei zu riskant. Ein Versuch lohnt sich. Weil hinter unseren selbst gemachten Hochsicherheitszonen noch so viel Leben liegt.