Reli-Unterricht ist eine Garantie gegen religiöse Gedankenlosigkeit
7% der Menschen in Hessen sind Muslime: Frauen und Männer. Und natürlich: Kinder. Das ist zwar schon eine ganze Zeit lang so. Aber erst vor gut drei Wochen ist es gelungen, dass es an 27 Grundschulen zusätzlich zu evangelischem und katholischem Religionsunterricht auch die regelmäßige Reli-Stunde für muslimische Kinder gibt. Das ist ein Anfang. Erst mal werden nur 440 Erstklässler dieses neue Unterrichtsfach haben. Von Jahr zu Jahr soll das Angebot dann aber erweitert werden. Unterrichtet wird auf Deutsch. Die Lehrkräfte sind alle Hessische Lehrerinnen und Lehrer im Staatsdienst. Manche haben schon jahrelang in anderen Fächern unterrichtet.
Die Reaktionen auf dieses neue Schulfach sind unterschiedlich. Auf der einen Seite schimpfen die, die schon seit Jahren auch den christlichen Religionsunterricht aus der Schule verbannt sehen wollen. Für die ist es ein Rückschlag, dass es jetzt nicht weniger, sondern noch mehr Religionsunterricht gibt. Sie sagen: Religion – egal welche – ist Privatsache und gehört darum nicht in öffentliche Schulen. Dann sind auch Leute gegen das neue Fach, die denken, dass auf diese Weise der Islam in Deutschland hoffähig gemacht wird. Sie glauben, dass der Staat damit jetzt hilft, eine Haltung zu verbreiten, die sie für unaufgeklärt und überholt halten.
Und dann gibt es das breite Bündnis, das sich dafür eingesetzt hat, dass es diesen Religionsunterricht für muslimische Kinder gibt. Dieses Bündnis reicht vom Hessischen Innenminister über den DITIB-Landesverband, einen muslimischen Dachverband, bis hin zum Evangelischen Kirchenpräsidenten. Besonders wichtig ist denen nun gewesen, dass auch dieser Unterricht wie in allen anderen Fächern als ordentliches Lehrfach mit festgelegtem Lehrplan gehalten wird. Und dass die Lehrerinnen und Lehrer für dieses Fach an der Universität ausgebildet sind.
Ich finde es gut, dass dieses Angebot nun besteht. Denn Kinder haben nicht allein ein Recht, Lesen zu lernen und Schreiben und Rechnen. Kinder haben auch ein Recht auf Religion. Besser: auf eine religiöse Bildung. Neben der religiösen Praxis, zu der die Gemeinden und Religionsvertreter anleiten, muss das Nachdenken über die eigene Religion, das Nachfragen und Verstehen religiöser Traditionen kommen. Dass wir die Religionen als Unterrichtsfächer in die Schule geholt haben, verstehe ich als so etwas wie die Garantie gegen religiöse Gedankenlosigkeit. Wenn ich nicht nur religiös bin, sondern Religion auch verstehe, dann fördert das den Frieden zwischen den verschiedenen Religionen.