Nee, ich hab Angst!
Mit einer Freundesgruppe bin ich im Klettergarten. Auf elf Meter Höhe sollen wir loslegen. Alle sind gut drauf. Wir legen das Klettergerödel an, das ist ein hellblauen Ganzkörpergurt und ein weißen Helm. Alle lachen, ich auch. Aber ich lache, um meine Angst nicht zu zeigen. Noch ein lockerer Spruch und noch einer. Ein fachmännischer Trainer erklärt: Wie man den Gurt anlegt, wie man den Karabinerhaken später ins Seil da oben einhängt. Dass man am Ende so einen Holzmast runterspringt. Der hat auch noch so einen merkwürdigen Namen, „Angsthasenpoller“ oder so. Ich schaue zu diesem Mast hoch. Alle lachen. Dass alles kinderleicht ist, dass Schulklassen das hier machen, sagt der Fachmann jetzt. Er sagt das so, als ob jede Kindergartengruppe das hier macht. Alle lachen, ich lächele.
Während alle ihm weiter zuhören, frage ich mich: Warum mache ich das hier eigentlich? Wem muss ich etwas beweisen? Den Anderen? Dass ich kein Angsthase bin. Ich bin einer! Flügel habe ich keine. Mir werden die Oberschenkel schlottern, wie, wenn ich zu lange auf einer hohen Leiter stehe. Alle sind cool drauf, ich nicht. Noch hat es keiner bemerkt. Keiner von den Anderen scheint an der Aufgabe zu zweifeln. Sie ist ja auch selbst gestellt. Ich habe sogar den Trainer bestellt. Bezahlt ist es auch schon. Aber ist das ein Argument? Der Trainer macht das Anhängen mit dem Karabiner vor. Es erscheint tatsächlich recht sicher.
Während er das macht, schließe ich meinen Helmverschluss auf und setze den Helm ab. Und nicht wieder auf. Ich entledige mich langsam vom Klettergurt und bin frei. Jetzt erst merken es die Freunde und schauen mich überrascht an. „Nee, ich hab Angst!“ sage ich. Puuuuh, sagt ein anderer, ich auch und nimmt schnell den Helm ab und kommt zu mir rüber. Ich hab mich nur nicht getraut das zu sagen, sagt er und grinst. Wir beiden verwegenen Angsthasen schauen den Anderen zu. Die machen´s echt gut. Haben auch ihren Spaß dabei. Springen auch alle den Angsthasenpoller runter, gehalten vom Seil. Und lachen. Ich auch. Ich bin stolz zu meiner Angst zu stehen. Gut ist es!