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Eine Sendung von

Evangelischer Pfarrer, Frankfurt

Hunger ist das Kennzeichen einer ungerechten Welt

Hunger ist das Kennzeichen einer ungerechten Welt

Sieben Jahre ist Paul jetzt – die erste Klasse ist geschafft, die ersten Milchzähne haben sich verabschiedet. Sorgen gibt’s eigentlich kaum – Paul ist ein fröhlicher und gesunder Junge. Die Patentante will wissen: Wie geht’s denn so? In der Schule, kommt er gut mit? Und die Oma fragt: Isst er auch gut? Er sieht so dünn aus! Macht Euch doch bitte keine Sorgen – Paul ist ok, er entwickelt sich ganz normal!

Später, am Abend geht mir das noch einmal durch den Kopf. „Ganz normal“ – ja irgendwie schon. Aber: was ist normal? Im großen Maßstab? Wenn ich genauer hinschaue, dann kann ich nur sagen, dass es ihm ganz unglaublich gut geht! Und das ist überhaupt nicht selbstverständlich. Denn wir leben in einer Welt, in der manche fast alles und andere kaum was haben. Eine Welt, die ungerecht ist. Und ohne dass er was dazu kann, ist Paul Nutznießer dieser Verhältnisse.

Jedes Jahr erleben über drei Millionen Kinder nicht mal ihren fünften Geburtstag.  Weil sie nicht genug zu essen haben. Sterben an Fehlernährung, Unterernährung, verhungern oder verdursten. Drei Millionen Kinder jedes Jahr! Das ist so ungefähr die Menge aller Kinder, die in diesem Alter gerade in Deutschland leben.

Zurzeit gibt es auf der Erde 870 Millionen unterernährte Menschen. Sagt die FAO, die Ernährungs-Organisation der Vereinten Nationen. Na gut, könnte man sagen. Es reicht halt nicht für alle. Aber – was der Skandal ist – zur gleichen Zeit gibt es 1,4 Milliarden Menschen, die übergewichtig sind . Schon daran wird deutlich: Theoretisch müsste niemand hungern und kein Kind verhungern. Die Bauern auf der ganzen Welt produzieren mehr, als für alle Menschen zusammen nötig ist. Es ist für alle genug da, aber es ist schlecht verteilt.

Etwas gegen den Hunger tun heißt: für gerechte Verhältnisse kämpfen. Schon in der Bergpredigt hat Jesus diese zwei Begriffe zusammengespannt: Hunger und Gerechtigkeit. Hunger ist das Kennzeichen einer ungerechten Welt. Und wenn Menschen verhungern, weil Essen und Trinken schlecht verteilt sind, dann ist das eine skandalöse und himmelschreiende Menschenrechtsverletzung.

In einem Gebet der Organisation „Brot für die Welt“ heißt es: „Bewahre uns vor Resignation und Gleichgültigkeit, damit wir den Welthunger als Tragödie der Menschheit und Skandal nicht verdrängen, sondern fest zusammenhalten, mit allen, die hungern und dürsten nach Gerechtigkeit!“