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Wildfang, Christoph

Eine Sendung von

Evangelischer Pfarrer, Arnoldshain

Einhardsweg

Einhardsweg

In Michelstadt legen wir zu zweit los. Pilgern. Sechzig Kilometer den Einhardspilgerweg nach Seligenstadt. Drei Tage haben wir uns dafür vorgenommen. Klingt nicht schlecht. Zuerst schauen wir uns die Einhardbasilika in Michelstadt an. Still und stumm, jeder in seinen Gedanken. Ich lese die Texte auf den Schautafeln, erfahre Einiges aus der Geschichte. In der alten kleinen Basilika ist es schlicht und schön. Und trocken. Draußen schüttet es. Noch in Michelstadt habe ich mir einen großen Hut, waterproof, und eine Regenüberhose gekauft. Das Wetter hat kein Einsehen, los geht´s.

Wir laufen ein wenig verbissen trotzig hintereinander her. Es geht bergauf. Noch ist das kursive „E“ – Zeichen für den Einhardspilgerweg oft zu sehen, später wird es uns oft fehlen. Wasser rinnt mir durch den wasserdichten Hut über Augen und Nase. Umdrehen will ich aber auch nicht. Ich hatte mir diese drei Tage Pilgern als Auszeit für mich vorgenommen. Mal den Kopf frei kriegen. Etwas Elementares machen, wie einfach laufen. Schritt für Schritt.

Vorher hatte mich jemand gefragt, warum wir nicht mit dem Fahrrad fahren. Laufen zu Fuß hat was, finde ich. Ich nehme die Natur unter den Füßen ganz bewusst war. Schritt für Schritt. Grad das Langsame ist für mich gut. Bei jeder Kirche am Weg kehren wir ein, alle Kirchen, auf die wir stoßen, sind offen. Rucksack ablegen, entspannen, die Kirche mit allen Sinnen in mich aufnehmen. Trocken. Denn draußen schüttet es wie aus Eimern den ganzen langen Tag. Jede Kirche ist somit auch Rettung vor der Nässe.

In einer davon singen wir ein Lied: „Du Gott stützt mich, du Gott stärkst mich, du Gott machst mir Mut.“ Es ist ein Kanon, in den man an vier Stellen einstimmen kann. Wir singen ihn, so wie’s einigermaßen passt und lauschen dann auf den Nachhall in der Kirche. Ja, Gott als Stütze brauchen wir auf dieser Regenpilgerei, auch Gottes Kraft, um nicht einfach die ganze Aktion hinzuwerfen.

Der Gedanke „warum tust dir das eigentlich an“ schwebt immer mal so vorbei. So, wie es einmal ja manchmal geht auf mühsamen Wegen. Auch mal im Beruf, oder wenn es in der Familie oder Partnerschaft schwierig ist. Wir merken hier: Gottes Mut schubst uns weiter. Schritt für Schritt durch Matsch und Modder. Oft laufen wir neben den Wegen, weil die nicht begehbar sind. Und trotzdem laufen wir weiter. Immer weiter Richtung Seligenstadt.