hr1 ZUSPRUCH
hr1
Kristen, Dr. Peter

Eine Sendung von

Evangelischer Pfarrer und Studienleiter, Religionspädagogisches Institut Darmstadt

Arabischer Frühling in der Wetterau

Arabischer Frühling in der Wetterau

Arabischer Frühling, das klingt nach Wärme, Licht und Blütenduft. Im Frühling beginnt das Leben neu. Vor etwa einem Jahr ist die Protest- und Demokratiebewegung der arabischen Länder am Mittelmeer unter diesem Namen in Syrien angekommen. Für viele Syrer hat der Arabische Frühling aber nicht Wärme, Licht und Blütenduft gebracht, nicht neues Leben, sondern Krieg und Verfolgung.

Mehr als 1 Million Syrer sind vor dem Bürgerkrieg geflohen. Ins Nachbarland Jordanien sind 500.000 Menschen geflohen, so viele wie in Kassel und Wiesbaden zusammen leben. Hunderttausende warten in Lagern im Libanon und der Türkei. Auch in Deutschland sind syrische Flüchtlinge angekommen. 8000. Es sollen noch mehr werden. In Butzbach zum Beispiel und auch in Friedberg können seit Mitte März 60 Flüchtlinge übergangsweise in einer Containeranlage unterkommen.

„Die Menschen kommen nicht aus Jux und Dollerei,“ hat der Landrat bei der Eröffnung gesagt. Erfreulicherweise dauert es deswegen auch nur etwa sechs Wochen, bis syrische Menschen als Flüchtlinge anerkannt werden, weil ja beinahe jede Nachrichtensendung erneut bestätigt, dass der Landrat recht hat. Nachdem sie offiziell anerkannt sind, können die Flüchtlinge Arbeit suchen und eine neue Bleibe außerhalb des Containers. Viele Menschen in der Wetterau bemühen sich um sie, von einer Willkommenskultur ist die Rede. Paten helfen ihnen, im Alltag zurechtzukommen: Behördengänge, ein Konto eröffnen, einkaufen.

Einige sind orthodoxe Christen. Sie kennen die biblische Tradition, Fremde nicht zu unterdrücken, sondern zu unterstützen. Sie kennen auch den 23. Psalm, an dessen Ende ein Flüchtling früherer Tage Gott für die Güte lobt, die er durch die Hände der Menschen erfahren hat: Er war vor Bluträchern in die Sicherheit einer Asylstadt geflohen. Dort dankt er Gott für seine Rettung, er betet: „Du deckst vor mir einen Tisch im Angesicht meiner Feinde. Du salbst mein Haupt mit Öl und schenkst mir voll ein. Gutes und Barmherzigkeit werden mir folgen mein Leben lang." (Psalm 23, 4-6a)

Menschen können aneinander den Willen Gottes vertreten, indem sie Flüchtlinge als Menschen achten und ihnen geben, was sie im Alltag brauchen. In der Wetterau geschieht das ganz praktisch: durch einen Deutschkurs, eine Einladung zum Fußballspielen, einen Fahrradkurs, einen Sozialarbeiter. Vielleicht bekommen die Menschen aus Syrien so bei uns ein wenig von dem, was sie sich vom Arabischen Frühling versprochen hatten: Neuen Mut zum Leben.