Wachsen, aber richtig
Ein Unternehmen muss ständig wachsen. In der Wirtschaft ist das für viele keine Frage. Ohne Wachstum geht es nicht. Wohin das in den nächsten 40 Jahren führen könnte, wenn das Wachstum so weitergeht wie jetzt, beschreibt die neue Zukunftsstudie des Club of Rome. Danach würde es um die Erde und die Menschen nicht gut bestellt sein.
Mit Wirtschaftswachstum kennt sich mein Freund Thomas aus. Als Verkaufsleiter einer Spanplattenfirma ist er ziemlich erfolgreich. Deshalb habe ich ihn nach seinen Erfahrungen mit Wachstum gefragt. Er erzählt: Anfang der 90er Jahre haben wir ja einen ganzen Markt dazubekommen.
Nach dem Fall der Mauer sind auf einmal die Menschen in Ostdeutschland als Spanplattenkunden in Frage gekommen. Die haben damals überall renoviert und viele haben sich neue Möbel gekauft oder eine neue Küche, und wir hatten die Platten dazu. Damals hab ich zweistellige Zuwächse gehabt und auch selbst eine Menge Geld verdient. Und dann, ein Jahr danach, waren wir da zufrieden? Nein, auch da hat mein Chef erwartet, dass ich noch mehr Umsatz mache, auch ohne den Fall der Mauer. Da bin ich dann schon in Grübeln gekommen. Irgendwann ist‘s ja auch mal genug.
„Ich habe genug“. In einer Geschichte der Bibel sagt das Esau. Er war von seinem Bruder Jakob betrogen worden, und die beiden hatten sich getrennt. Als sie sich dann nach langer Zeit wiedersehen, bittet Jakob um Vergebung. Er will ihm viel schenken und den Reichtum seines Bruders anwachsen lassen, damit die beiden wieder in Frieden leben können. Aber Esau sagt: „Ich habe genug“. Er erkennt: Er hat in den letzten Jahren gut gelebt und verdankt das nicht nur sich selbst. So ist er zum Frieden bereit, auch ohne noch mehr zu haben.
Es stimmt, ohne Wachstum geht es nicht. Ich finde aber, es dürfen nicht nur die materiellen Gewinne sein, die anwachsen. Ich denke an die beschädigte Schöpfung und die Menschen, die nicht sagen können, wir haben genug. Für sie muss die Gerechtigkeit wachsen. Und für die, die schon genug haben, die Zufriedenheit. Für mich ist deshalb die neue Studie des Club of Rome keine Schwarzmalerei. Sie stößt mich an zu überlegen, was ich zu dieser Art Wachstum beitragen kann.